Sonntag, November 26, 2006
Fragile Dominanz
So ist Fußball: Die Hertha hat Alemannia Aachen gestern so halbwegs beherrscht, und dabei zwei Tore geschossen und nur eines bekommen. Heimsieg. Arsenal hat die Bolton Wanderers gestern phasenweise total dominiert, hat aber nur ein Tor geschossen und drei bekommen. Auswärtsniederlage. Beide Spiele hätten locker auch anders ausgehen können, und trotzdem sind die Ergebnisse "richtig". Die Hertha war natürlich die bessere Mannschaft, auch wenn sie es nur selten konsequent zu Ende gebracht hat. Ashkan Dejagah neuerlich in der zentralen offensiven Mittelfeldposition, links Gilberto und rechts Boateng, dessen sogenannte Eins-zu-Eins-Situationen zahlreich waren und praktisch immer mit einem Ballverlust endeten. Erst im Verlauf der Spiels verlegte er sich mehr auf Pässe. Pantelic und Lakic waren mit Zweikämpfen gut beschäftigt, wobei unser Star gestern ein wenig eigensinnig agierte. Das erste Tor ein Abstauber von Pantelic nach einem virtuosen Lakic-Kopfball nach einer Ecke. Das Gegentor ein satter Schuß nach Ableger an der Strafraumgrenze. Der Siegestreffer eine rare Flanke von Malik Fathi, die eigentlich kein Problem hätte darstellen dürfen, weil sie so lang und so krumm wie eine Kometenbahn war, vielleicht aber deswegen Torwart Nicht in eine Unschärferelation versetzte - er unterlief, und Dejagah hielt den Kopf hin. Das reichte, auch deswegen, weil ein schweres Foul von Simunic in der 81. Minute nicht zu dem Elfmeter führte, zu dem es durchaus hätte führen müssen. Die Hertha überzeugt selten daheim, aber sie gewinnt oft. Interessante Saison deswegen bisher. Als ich aus dem Stadion nach Hause kam, wurde in Bolton gerade das Match gegen Arsenal angepfiffen. Ich übernahm also live, und sah ein Spiel, das wie ein Schulbeispiel für taktische Kriegsführung fungieren könnte. Arsenal übernahm sofort die Initiative, alles sah gut aus, bis zu einem Corner von Bolton in der achten Minute, der scharf und niedrig auf den kurzen Pfosten kam - das muss einstudiert gewesen sein, denn da tanzte einer durch den ganzen Fünfer, und kam im entscheidenden Moment genau an diesen schwer zu treffenden und zu erreichenden Punkt. Frühes Gegentor - das ist Arsenal schon gewohnt, und nicht immer kommen sie danach noch zu drei Punkten. Schon gar nicht gegen Bolton, die einen Kult daraus gemacht haben, Arsenal zu ärgern. Die ganze restliche erste Halbzeit verging mit Streitereien über Entscheidungen des Schiedsrichters, der ungustiöse Sam Allardyce, Manager der Bolton Wanderers, sah sich die Sache mit Behagen an. Kurz vor der Pause bekam Nicolas Anelka einen weiten Pass nach rechts außen. Alle nahmen an, er würde den Ball verschleppen, das tat er auch, während er aber schleppte, brachte er sich in Position für einen genialen Distanzschuß, der Lehmann keine Chance ließ, während Eboue und Toure noch schleppten. Arsenal schaffte sechzig Sekunden später den Anschlußtreffer, und nach der Pause begann ein virtuoser Sturmlauf, bei dem vor allem Theo Walcott auf rechts tolle Dinge zeigte. Nur ein Tor kam nicht zustande, auch das ein Arsenal-Syndrom in dieser Saison. Den nächsten langen Ball auf Anelka bekam der ehemalige Arsenalista in den Lauf gespielt, er war vielleicht einen Fussballschuh im Abseits, mit diesem Schuh schoß er den Ball unter Lehmann hindurch flach in die Kiste. Arsenal kämpfte bis zur letzten Sekunde um die Ehre, aber die erste Hälfte, in der Bolton den psychologischen Krieg gewonnen hatte, war nicht mehr wettzumachen. Die fragile Dominanz von Arsenal ist schon jetzt meine Lieblingsgeschichte in diesem Herbst - heute folgt das Spitzenspiel zwischen MeanU und Chelsea.
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1 Kommentar:
Mir geht es ähnlich, Arsenals tragisches Scheitern in diesem Herbst ist äußerst anziehend. Das gestern kam meinem bisherigen Lieblingsspiel der Saison, dem unfaßbaren 0:0 gegen ZSKA, da sehr nahe.
Aber "richtig" fand ich das Ergebnis zumindest nach der Pause nicht. Ich meine, dreimal Holz für Arsenal und ein Abseitstor für Bolton? Das war doch Mehl, obwohl der Misfit-Sturm Diouf/Anelka einen gewissen Charme hat.
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