Samstag, August 06, 2011

Kompetenzschub

Neun Punkte wollte Markus Babbel aus den ersten drei Spielen in Liga eins 2011/2012. Sechs können es jetzt maximal noch werden, und nach dem 0:1 gegen den 1. FC Nürnberg muss man begründete Zweifel daran haben, dass das auch machbar ist. Es war eine verdiente Heimniederlage, die eine ganze Reihe von Tatsachen deutlich gemacht hat.

Die wichtigste ist die grundsätzlichste: Hertha hat ein Jahr in Liga zwee verbracht, die Bundesliga war in dieser Zeit aber nicht untätig, im Gegenteil, sie hat sich gerade in der abgelaufenen Saison merklich weiterentwickelt, es gab einen Kompetenzschub, dem Hertha heute ganz buchstäblich hinterhergelaufen ist. Nicht sehr eifrig, das muss ich gleich dazusagen.

Nürnberg war ein interessanter Auftaktgegner, denn nun muss es Markus Babbel doch auffallen, dass es avanciertere Formen von "Einstellung" gibt, als er Hertha zumindest für den heutigen Tag vermitteln konnte. Er entschied sich für die absehbare Formation mit einem 4-4-2, in dem Franz für Hubnik in der Stammviererkette spielte, Ottl neben Niemeyer im Mittelfeld, Torun und Ebert auf den Flügeln, Lasogga und Ramos vorn.

Hertha hatte gegen aggressive, aber auch geschickt im Raum agierende Nürnberger von Beginn an keine Idee, wie sie das Spiel machen sollte. Das begann ganz hinten: Kraft macht das Spiel langsam, er scheint (bisher) nicht über die Intuition schneller, präziser Abschläge oder gar Abwürfe zu verfügen, ein paar Abschläge missrieten ihm, dann riskierte er gar nichts mehr, und so begann mit ihm das Übel von Mutlosigkeit, Ratlosigkeit und Langsamkeit.

Über die Viererkette will ich heute nicht groß schreiben, da habe ich meiner Skepsis schon öfter Ausdruck verliehen, die nächsten Spiele werden mehr Aufschlüsse geben. Das nächste Problem war für mich Ottl. Er gefiel sich zwar bei Ballbesitz Hertha in gestenreichem Auftritt, gab also alle möglichen Anleitungen, dass er sich aber konstruktiv freigelaufen hätte oder gar selber intensiver ins Spiel hineingewollt hätte, habe ich nicht gesehen. (Seine Laufleistung, die ich leider nicht in Zahlen vorliegen habe, lag unter neun Kilometer, da bin ich mir fast sicher. Dies auch vor dem Hintergrund, dass der BVB gestern den HSV in Grund und Boden rannte - zehn Kilometer mehr, so glaube ich es zumindest gehört zu haben in der Nachberichterstattung.)

Nimmt man Ottls Trägheit mit dem mangelnden Potential von Lell und Kobiashvili zusammen, dann lastet die Spieleröffnung schon vollständig auf Niemeyer, der sich bemühte, aber auch nicht die großen Ideen hatte. Das lag daran, dass insgesamt wenig Bewegung im Spiel war - sicher auch so gewollt von Nürnberg (die übrigens, dies nur nebenbei, einen guten Support haben).

Und so kam es, wie es Nürnberg im Vorjahr mehrfach kommen ließ: ein spätes Tor brachte ihnen einen zwar unattraktiven, aber irgendwie folgerichtigen Sieg gegen einen ratlosen Gegner. Babbel hat mit seinen Auswechslungen auch nicht viel weitergebracht, er tauschte beide Winger (gegen Raffael und Rukavytsya), im sterilen Zentrum ließ er alles über 90 Minuten gleich (eine dritte Einwechslung - Lustenberger? - unterließ er).

Manche werden sich über den Schiedsrichter beklagen, der in der Zweikampfbewertung und in der Vorteilsgebung tatsächlich nicht gerade brillant war, und der in der Vorgeschichte des Gegentors ein Foul gegen Hertha, das die Spieler reklamierten, nicht gab - Hegeler und Pekhart nützten die Ablenkung aus. Aber das kann nur ein Randaspekt sein. Dass Gagelmann schon vor dem Spiel ausgepfiffen wurde, war aber sicher auch nicht dienlich.

Es bleiben viele Fragen nach diesem frustrierenden Auftritt, die wichtigste aber ist, ob Babbel überhaupt in der Lage ist, die richtigen zu stellen. Er wird dies mit der nächsten Aufstellung zu erkennen geben.

PS Wenn jemand über die Impire-Performancedaten des Spiels verfügt - ich wäre sehr neugierig: ebolusyon@web.de

1 Kommentar:

marxelinho hat gesagt…

Anscheinend hat die Zeitung, für die ganz Deutschland auch noch Werbung macht, die wesentlichen Impire-Daten veröffentlicht, daraus geht hervor, dass Ottl doch 10,49 und nicht die von mir polemisch angenommenen 9 Kilometer gelaufen ist - ich habe einfach nicht gesehen, wo er diese Meter gemacht hat, sinnvolles Laufen war es nicht oft. Und das ZDF hat abends noch gezeigt, dass er beim Gegentor mit ein wenig Engagement am ehesten dazwischen hätte gehen können.