Samstag, Oktober 04, 2008

Anzeichen

Der FC Bayern hat heute gegen Bochum bis wenige Minuten vor Schluss mit 3:1 geführt, und dann noch zwei Gegentreffer hinnehmen müssen, für die es, so Uli Hoeneß später in einem Interview, "überhaupt keine Anzeichen" gegeben hatte. So ist Fußball also auch, ein Spiel aus heiterem Himmel, die Anzeichen müssen die Bayern jetzt in der Analyse suchen. Bei Bayer 04 Leverkusen werden sie heute auch nach Anzeichen dafür suchen, dass sie dieses Heimspiel gegen Hertha mit 0:1 verlieren konnten. Sie werden ihre vielen eigenen Chancen vergessen müssen und sich die Phase nach der 55. Minute anschauen müssen. Die Hertha hatte da einige Ballverluste (zum Beispiel durch Raffael oder Nicu), die so hanebüchen waren, dass ich keinen Cent auf sie gesetzt hätte (ich kam da gerade erst von einem Interview mit einem deutschen Filmemacher nach Hause, der einen Beitrag zur Lage der Nation dreht). Dann bekam die Hertha aber mehr Spielanteile, mehr vom Ball, sie begann, ihre Pässe weiter vorn zu spielen, und allmählich mehrten sich die Anzeichen dafür, dass das letzte Wort in diesem Match nicht notwendigerweise von Leverkusen gesprochen werden müsste. In der 78. Minute deutete Voronin mit der rechten Hand an, wohin er der Ball haben wollte. Nicu sah das und spielte entsprechend den Lochpass, da musste Adler zum ersten Mal die Flügel spreizen. Das war schon mehr als ein Anzeichen. Der Pass, den Arne Friedrich in der vorletzten Minute aus der Defensive herauslaufend auf den weit links hängenden Voronin spielte, war dann eigentlich eher nur entlastend, aber auch öffnend. Der Ukrainer gab sich nicht damit zufrieden, mit dem Ball an die Cornerfahre zu gehen und das torlose Remis zu halten, mit dem die Hertha heute auch schon zufrieden hätte sein müssen - er zog zur Mitte, ließ zwei Verteidiger schlecht aussehen und schoss den Siegtreffer, den Lucien Favre so dringend gebraucht hat, weil er ihm erlaubt, weiterhin auf positive Pädagogik zu setzen. Er hat heute Marc Stein eine Denkpause gegeben, Steve von Bergen rehabilitiert, und Dardai in die Mannschaft zurückgeholt. Selbst der alte Ungar lernt noch etwas beim Schweizer Coach. Die Hertha hat gespielt, wie Cottbus gegen die Hertha spielt - je länger das Spiel gedauert hat, desto mehr hat sie ihr Spiel aber über das ganze Feld entwickelt. Der Sieg war heute kein Diebstahl, hatte aber doch etwas Trickbetrügerisches: Gegner einlullen, Gegner über's Ohr hauen. Das war heute 60 Prozent alte Hertha (vergleiche das 0:0 unter Falko Götz in Stuttgart in der Meistersaison der Schwaben), 30 Prozent Anzeichen für eine neue Hertha, und 10 Prozent Dusel.

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