Donnerstag, Oktober 06, 2011

Himmelsgrenzen

Dass es Fernsehrechte für Fußballspiele einmal auf die Titelseite der FAZ schaffen würden, hätte ich auch nicht gedacht. Am Mittwoch war es aber so weit. Die englische Wirtin Karen Murphy aus Portsmouth, über die ich hier schon berichtet habe, hat ein Gerichtsverfahren gewonnen, nach dem es ihr nun erlaubt ist, in ihrem Pub die Premier-League-Spiele auf Grundlage eines Abonnements eines griechischen Senders zu zeigen.

Der Fall ist dem meinen und dem vieler deutscher Fußballfans nicht vergleichbar, ein paar Schlüsse kann man daraus aber doch ziehen. Interessant ist die Sache vor allem für Anhänger des internationalen Fußballs. Sky Deutschland hat ja das einschlägige Angebot sukzessive zurückgefahren, letzte Maßnahmen waren die Reduktion der EPL-Spiele pro Wochenende und die Streichung des englischen Originalkommentars.

Ich habe daraufhin mein Abo gekündigt, das Ende Oktober auslaufen wird. Genau habe ich mir noch nicht überlegt, wie ich danach vorgehen werde. Radikalste Möglichkeit: Ich verzichte vollständig auf Pay-TV. Bei Hertha sehe ich ohnehin viele Spiele live, für die Auswärtsspiele müsste ich in eine Kneipe gehen, oder ich verzichte auf die Live-Erfahrung und sehe mir die Aufzeichungen bei Hertha TV an. Sehen könnte ich auf jeden Fall fast alle Spiele, nur die Cup-Matches tauchen auf Hertha TV nicht auf.

Bei Arsenal würde ich auch auf das Club-Fernsehen im Internet umsteigen, auch hier fiele das Live-Erlebnis weg, das aber der deutsche Kommentar bei Sky ohnehin empfindlich trübt, allein schon durch die dämliche Abmischung, die eindeutig nach Sprecherkasten in Bayern klingt und nicht nach Stadion in England.

Eine Alternative könnte nun nach dem Murphy-Urteil plausibler werden: Ich abonniere Sky England, und zahle damit direkt für die EPL. Bleibt das Problem, dass manche englische Matches auf ESPN laufen, also auch mit Sky UK nicht alles abgedeckt wäre. Wir sehen schon: die Fans sind immer die Blöden.

Wie wird sich das Urteil auf die Zukunft auswirken? Meiner Meinung nach wird es darauf hinauslaufen, dass ein europäischer Großanbieter auftreten wird, den es de facto ja schon gibt: Sky (England, Italien, Deutschland) wird die kleinen Konkurrenten verdrängen, und sich dann den Markt intern wieder kleinteilen. Dagegen werden die Kartellbehörden der EU eingreifen, sodass irgendwann wieder ein künstliches Gleichgewicht von Ungleichen hergestellt werden wird, aus dem die Fans sich ihre Spiele zusammensuchen müssen.

Hier noch eine Lösung für die Zukunft, wie sie längst denkbar ist: Alle Clubs vermarkten in Hinkunft ihre Spiele selbst, bieten auf clubeigenen Kanälen verschiedene Versionen an (vom Premiumprodukt einer bestens aufbereiteten, zusatzwerbefreien Live-Übertragung samt extensiven Atmos und Interviews bis zu diversen billigeren Lösungen), und zahlen die Einnahmen in einen großen Topf, den entweder die nationalen Ligen oder die Uefa verwalten, und von dem aus die Gelder wieder verteilt würden, nach fairen Schlüsseln.

Man hätte damit die Vorteile des dezentralen Internets, der finanziellen Zentralvermarktung, und der individuellen Entscheidungsfreiheit für Fans miteinander versöhnt. Nachteil: Die Einnahmen wären insgesamt geringer als bei dem jetzigen Modell, das ja auf Auktionen basiert, bei denen immer mehr bezahlt wird, als das Produkt de facto wert ist. Der europäische Fußball müsste sich auf ein etwas weniger galaktisches Modell einpendeln. Schlimm?

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Garnicht schlimm. Christiano Ronaldo und seine Freunde würde weiterhin Fussball spielen, weil sie selbst bei Versetzen des Kommas um eine Stelle nach links, noch mehr mit Fussball verdienten, als sie mit einem "normalen" Beruf könnten.
Die einschlägigen Phrasen zum Thema Geld im Fussballgeschäft zähl ich mal nicht auf. Die kennt ja schon jeder.