Vor dem CL-Halbfinale zwischen dem FC Barcelona und Inter Mailand habe ich mir gestern noch die Hertha-Amateure bei ihrem 3:0 gegen St. Pauli II angesehen - ein Kategoriensprung, der sich aber gelohnt hat, denn so konnte ich das zweite Ergebnis ein wenig relativieren.
Barca schied mit einem 1:0 aus, ein zweites Tor in der Schlussphase wurde wegen eines Handspiels nicht gegeben, das man nicht hätte pfeifen müssen. Prinzipiell aber stand die vermeintlich beste Mannschaft der Welt vor genau dem selben Problem wie ein Jahr davor beim FC Chelsea - sie fand gegen eine massierte Defensive kein Mittel. Weit mehr als die Hälfte des Ballbesitzes von Barcelona war nutzlos, denn die Mourinhisten wurden dadurch nicht entscheidend müde gespielt.
Die interessanten Pässe waren selten, zudem hatte Inter dem Spiel von Beginn an einen besonderen Charakter insofern gegeben, als sie den Rasen des Camp Nou als Liegewiese missbrauchten. Wie Maicon, der sich an einer Bande an der Grundlinie die Schulter angeschlagen hatte, sich ins Feld zurückschwindelte, um sich dort dann zeitraubend behandeln zu lassen, das hatte Signalcharakter. Zwei plus vier Minuten zusätzlicher Spielzeit können nicht in mindesten wettmachen, wie ein Spiel durch diese Manöver zerstört wird: jede Berührung ist ein Anschlag, vor allem Lucio und Chivu wälzten sich ausgiebig herum.
Die noble Einfalt von Barcelona, bei denen Bojan Krkic selbst eine perfekte Flanke nicht verwandelte, weil er nicht einfach den Schädel hinhielt, sondern einen technischen Kopfstoß versuchte, hatte letztlich keine Chance gegen den Pragmatismus von Inter. Nun können wir alle gespannt sein, was Mourinho gegen van Gaal einfällt - Megalomane gegen Mentor. Im CL-Finale treten tatsächlich die beiden Kollektive mit dem momentan größten Momentum gegeneinander an.
Aber vorher müssen noch eine Menge anderer Entscheidungen fallen - die U23 von Hertha immerhin hat sich in den letzten Tagen ein wenig Luft im Abstiegskampf in Liga 4 verschafft und kann optimistisch in die letzten Spiele gehen. Ich habe besonders auf zwei Spieler geachtet: Shervin Radjabali-Fardi erscheint mir nach wie vor ein Kandidat für die erste Mannschaft, gut gefiel mir auch Alfredo Morales, vor allem in der ersten Halbzeit, als er im defensiven Mittelfeld spielte.
Zwischen der CL und der Regionalliga Nord liegt jene Bandbreite des Fußballs, auf der Hertha aller Wahrscheinlichkeit nach in ein paar Tagen neu eingestuft wird. Um mich darauf schon ein wenig einzustellen, gehe ich ins Amateurstadion, und sehe auch dort - guten Fußball. Verhältnismäßig.
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