Sonntag, Oktober 18, 2009

Trainereffekt

Hertha BSC ist am Ende. Die Klasse von 2009 des Fußballvereins, dem ich anhänge, hat gestern in Nürnberg bankerott erklärt. Drei Gegentore, keine Gegenwehr, keine Mannschaftsleistung, nur individueller Frust. Aber wie es im Fußball (und im Leben) so ist: Das nächste Spiel wird schon am Donnerstag sein (daheim gegen Heerenveen in der Europa League), und irgendwer muss es bestreiten.

Damit wären wir bei den Aspekten der Situation, die sich noch einer Analyse erschließen, und aus denen sich potentielle Änderungen ergeben (es kann gut sein, dass die tieferliegenden Probleme weder von mir noch vom Trainer noch von Michael Preetz wirklich erschlossen werden können, denn im Moment deutet alles auf eine Mischung aus kollektiver Traumatisierung durch eigenes Verschulden hin, wie soll es dafür eine Therapie geben?).

Wer hat gestern das Match bestritten? Burchert stand notwendigerweise im Tor, da Drobny und Ochs verletzt sind. Die Viererkette hätte ich mit Janker, Friedrich, von Bergen und Stein auch so besetzt. Im Mittelfeld spielten Ebert, Dardai, Kacar und Cicero, vorne Raffael und Wichniarek. Das ist eine plausible, allerdings völlig konservative Variante, die sich auch als wirkungslos erwies. Funkel sucht nach Führungsspielern, und findet sie in der alten Garde. Friedrich, Dardai, Wichniarek. Mit Seniorität allein gewinnt man keinen Abstiegskampf.

Zum Kapitän gibt es keine Alternative, wohl aber muss Funkel nun einsehen, dass Wichniarek nicht in die erste Mannschaft gehört - er ist inzwischen zu sehr mit seinem eigenen Fall beschäftigt, als dass er diesen im Team lösen würde wollen. Deswegen schließt er überhastet und in aussichtsloser Lage schon ab, obwohl er sonst durchaus in der Lage ist, den klugen Pass zu spielen.

Dardai lebt seit vielen Jahren von seinem eigenen, über gute Pressekontakte immer wieder bestätigten Mythos, er wäre eine Stütze. Unsinn, er ist seit vielen Jahren ein Bremsklotz, auch wenn er unter Favre lichte Momente hatte.

Funkel hat sich nun gestern mit zwei tatsächlichen Stützen angelegt, er hat Kacar schon in der 42. Minute und Raffael in der Pause ausgetauscht, während er Wichniarek durchspielen ließ und Domovchyiski bis zum Ende auf der Bank. Er hatte das Match natürlich nach der 60. Minute und dem dritten Gegentor abgeschrieben, wollte es aber auch nicht wenigstens noch für Personalpolitik nützen.

Die Probleme lassen sich individuell benennen, aber nur kollektiv lösen. Burchert fehlt die Erfahrung, das war vor allen im dem Moment zu sehen, in dem er Patrick Ebert vor dem 0:2 einen Ball zuspielte, der zwischen vier Nürnbergern nicht zu verarbeiten war. Das war der Moment, in dem das Spiel brach, denn Ebert hatte schon beim 0:1 sehr schlecht verteidigt, jetzt wurde ihm auch noch ein kapitaler Fehler vom eigenen Keeper untergejubelt - das konnte er mit Eifer und ungeschickter Härte nicht mehr wettmachen. Zumal ja niemand mannschaftsdienlich läuft und dadurch frustrierende Einzelduelle entstehen.

Janker und Stein sind eine Belastung für jedes Team, trotzdem müssen sie weiterhin spielen - da kann man nur auf ein Wunder hoffen, wobei ich bei Janker zumindest den Willen zu sehen glaube, Stein bleibt das eigenschaftslose Rätsel, zu dem er sich hat werden lassen. Cicero würde lieber zentral spielen, da wäre ich auch sehr dafür, allerdings braucht er dafür Instruktionen und mehr Leidenschaft. Zur Zeit gefällt er sich als Mimose.

Kacar muss erst wieder zum Führungsspiel motiviert werden, dafür braucht er eine Konstellation, die ihm liegt. Das HSV-Spiel sollte dabei nicht vergessen werden, denn es begann gut mit einem 4-3-3, ausgehend von dem ich das Mittelfeld und den Sturm so anordnen würde: Cicero. Kacar-Nicu (Lustenberger). Raffael-Domovchyiski-Ebert. Aber ich weiß natürlich, dass Taktik im Moment nur dritt- oder viertrangig ist, denn die Spieler brauchen erst wieder ein Verhältnis zu ihren Job, eine Perspektive für das Spiel, einen Zusammenhalt.

Funkel hat am Freitag angeblich Pogo trainieren lassen, also wildes Hineinspringen in den Gegner, Aggressivität. Die große Zahl an Offensivfouls deutet darauf hin, dass das in die falsche Richtung losgegangen ist. Die Mannschaft kann viel mehr, zumindest aber kann sie das Notwendige, um in dieser Liga zu bestehen. Wie findet sie das wieder? Im nächsten Spiel. Eine leere Phrase? Nicht leerer als der Blick, den Patrick Ebert gestern nach dem Spiel hatte. Leerer geht's nicht.

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