Sonntag, Februar 17, 2008
17 Sekunden
Das 1:0 gegen Arminia Bielefeld gestern, durch einen Treffer von Raffael in der 93. Minuten, wird die Hertha hoffentlich richtig einzuschätzen wissen. Das war ein Geschenk vom Glücksvogerl, wobei Coach Favre recht hat, dass das Glück auch erarbeitet war. Die Hertha hat gestern fleißig gearbeitet, dabei aber nie herausgefunden, wie sie aus der Arbeit ein Spiel entwickeln könnte - wie sie also von der Vorschrift zur Inspiration, vom System zur Freiheit finden hätte können. Arminia Bielefeld hat es hervorragend verstanden, jede Spannung aus dem Match zu nehmen. Sie kam mit einer Einlulltaktik, auf die Hertha auch prompt hereinfiel, weil sie hinten sicher stand und oft den Ball hatte. Dabei fiel mir gestern besonders Fabian Lustenberger auf, der wieder neben Gojko Kacar im zentralen Mittelfeld spielte. Er hat ein Talent, an Bälle zu kommen, das verdient nicht einmal den Begriff "Balleroberung". Er stiebitzt sich den Ball einfach, zwischen den Beinen der zugegeben nicht gerade quirligen Arminen. Und dann spielte er viele schöne, gerade Pässe in den Lauf von Kollegen. Fast wäre ich geneigt, ihn den Regisseur des gestrigen Spiels zu nennen. Dass daraus wenig wurde, lag nicht zuletzt an den Außenpositionen. Chahed und Ebert rechts, Fathi und Skacel links waren allenfalls Mittelmaß, dadurch fehlte dem Spiel die Breite. Zweiter Mann des Spiels war für mich Simunic, der zwei, drei auffällige Dribblings nach vorne wagte, dabei gegen die - ich wiederhole mich - nicht gerade quirligen Arminen den Ball behauptete, und dann noch einen schönen Pass hinbekam. Meine durchschnittliche Lebenserfahrung sagt mir: das müsste ihm eigentlich Spaß machen. Das ist doch mehr als die Querpass-Routine, die bei der Hertha nur ganz langsam aus den Köpfen zu kriegen ist. Von dem Taktikhügel im bürgerlichen Sektor, von dem Volker und ich ins Olympiastadion blicken, ist natürlich besonders gut zu sehen, wie die Spieler so oft, wenn sie den Ball bekommen, die eine Zehntelsekunde zu lang nachdenken müssen, die es ihnen erlauben würde, einen Spielzug einzuleiten - dann ist selbst von den nicht gerade quirligen Arminen schon einer zur Stelle, und es reicht wieder nur zu einem Querpass. Zentral aber ist mit der Hertha etwas passiert. Lustenberger, Kacar und Raffael gehören zum modernen Spielertypus. Sie können Bälle auch "verarbeiten", wenn sie schon ein, zwei Gegner im Nacken haben. Ich bin nun vorsichtig optimistisch, zumal Marc Stein, der designierte Chahed-Überwinder, gestern zum Rostocker Siegtor wesentlich beitrug. Chahed trug zum Siegestreffer im Olympiastadion bei. Sein weiter Einwurf kam in den Strafraum, Thorben Marx (der im Alias dieses Blogs für ewig Herthaner sein wird) hielt den Kopf hin, der Ball fiel Raffael vor die Füße, und fast hätte Hain noch die Hand drangehabt. Es war 17 Sekunden nach der Nachspielzeit. "Nanu?", sagten Volker und ich, dann jubelten wir kurz und gingen heim. Wir wissen diesen Sieg nämlich auch einzuschätzen.
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