Sonntag, Februar 19, 2012

Witzfigur

Schon vor den beiden Sonntagsspielen hat sich die Tabellensituation der Bundesliga deutlich geklärt. Hertha musste mit dem 0:1 gegen den BVB abreißen lassen und befindet sich nun in einem Vierkampf gegen den Abstieg, oben könnte aus dem Vierkampf bald ein Drei- oder ein Zweikampf werden. Dabei hätte Hertha durchaus dazu beitragen können, dass das alles weniger klar aussieht, denn gegen Borussia Dortmund gab es gute Chancen, das Spiel zu gewinnen. Es fehlte aber an der letzten Konsequenz. Ich war ein wenig marod, konnte deswegen nicht ins Stadion, sondern saß vor der Kiste - die inzwischen de facto aber ein Beamerbild ist, auf dem sehr viel zu sehen ist. Das Bild des Tages war für mich das der beiden Hertha-Betreuer: Tretschok und Covic in beständigem Dialog, einander ins Ohr flüsternd, sich beratschlagend, als hinge das Gelingen des Spiels von einträchtiger Entscheidungsfindung ab.

Die Aufstellung war plausibel. Janker begann statt Morales rechts hinten, Bastians links hinten, Kobiashvili wurde ins defensive Mittelfeld neben Niemeyer vorgezogen, Raffael spielte hinter Ramos zentral, Lasogga blieb anfangs draußen, links spielte Rukavytsya, rechts Ebert. Die erste Hälfte blieb relativ ereignislos, der BVB spielte ohne Druck und sogar richtiggehend zerstreut, Hertha setzte gut nach, konnte aber keinen erfolgreichen Abschluss herausholen (Raffael gegen Weidenfeller nach einem "Bock" von Hummels). Die erste Hälfte der zweiten Halbzeit brachte dann die entscheidenden Szenen. Zweimal konnte Patrick (oder "Petrick", wie er angeblich genannt werden will) Ebert nach Berliner Ballgewinn aussichtsreich aufs Tor schießen, zweimal ging der Ball knapp daneben. So kam das, was in solchen Situationen tatsächlich häufig kommen muss, und es kam, wie bei Hertha in den letzten Wochen üblich, über die linke Defensivseite. Bastians, der allenfalls ein diskretes Spiel zeigte, ließ Kuba flanken, Lewandowski war im Fünfmeterraum ungedeckt, Kraft parierte mit einer seiner außergewöhnlichen Reaktionen, gegen den anschließenden Fallrückzieher von Großkreutz konnte er nichts mehr machen.

Sieht man sich die Tracking-Werte an, dann fällt auf, dass es Hertha gelungen war, den BVB richtiggehend einzulullen (111,2 gegen 114,1 Kilometer Laufleistung sind unterer Ligadurchschnitt, bei den intensiven Läufen sieht es schon ein wenig anders aus, da liegt der BVB um fast 25% voran) - das bedeutet aber auch, dass bei mehr Engagement deutlich mehr möglich wäre. Zum Vergleich: Freiburg, im Abstiegskampf vielleicht das Team mit der besten Tendenz, lief 124,3 gegen den FCB, kam zwar nur zu einem torlosen Remis, holte sich aber viele kleine Erfolgserlebnisse. Hertha hingegen ließ den Haupttrend erkennen, der die Lage so bedenklich macht: Die Mannschaft scheint nicht so recht zu wissen, wie sie ein Spiel über 90 Minuten durchhalten kann. Raffaels Leistung war dafür symptomatisch, er wirkte nicht gerade selbstbewusst, seine übliche Introvertiertheit sah gestern fast resigniert aus an manchen Stellen.

Mit den Einwechslungen (Lasogga für Rukavytsya, Ronny für Bastians) lagen Tretschok und Covic für meine Begriffe richtig, insgesamt haben sie die Sache gut gemacht, ob sie auch die entsprechenden Motivationskünstler sind, möchte ich nach den Eindrücken von außen eher bezweifeln. Auch hier scheint der SC Freiburg einen guten Griff getan zu haben: Christian Streich, ein Mann aus dem eigenen Nachwuchs, hat die Depression im Breisgau vertrieben. Wie das bei Hertha mit Rehhagel und Tretschok/Covic aussehen wird, kann ich mir nicht so recht vorstellen, da stehe ich immer noch unter dem Eindruck dieser für meine Begriffe grotesken Entscheidung.

In Augsburg wird Rehhagel wohl schon auf der Bank sitzen, und wir werden sehen, wie TC dann eingebunden werden. Unübersehbar war jedenfalls das Grinsen auf dem Gesicht von Jos Luhukay, als er zu der Berliner Personalie befragt wurde. Die Liga lacht über Hertha, und zwar gar nicht einmal allzu heimlich.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

ich bin froh, dass ich nicht der Einzige bin, der der Rehagel-Entscheidung nichts abgewinnen kann und sie nicht bedingungslos in den Himmel jubelt, wie es in so vielen Blogs und Foren derzeit geschieht.
Der Messias ist da! Ich glaube kaum!