Dienstag, Februar 08, 2005
Spätmaschine
Die Berliner Sparkasse rät mir, einen persönlichen Finanzplan zu erstellen. Während ich mir darauf einen Reim zu machen versuche, lese ich von dem Mann, der mein Pseudonym inspiriert hat: Marcelinho. Da ich selber die näheren Umstände nicht recherchiert habe, zitiere ich hier Michael Jahn, nebenbei auch Verfasser eines Standardwerks über die Hertha, aktuell aus der "Berliner Zeitung": "Marcelinho war nicht da. Und er ist auch nicht mehr gekommen. Als Falko Götz seine Profis am Sonntagvormittag in Berlin zur lockeren Übungsstunde versammelte, fehlte der Brasilianer. Allerdings entschuldigt, wie der Verein später mitteilte. Noch in der Nacht zum Sonntag hatten einige Berliner Boulevardzeitungen sicherheitshalber Fotografen in einschlägige Bars geschickt, um vielleicht einen Schnappschuss vom Karneval feiernden Hertha-Profi zu bekommen. Vergeblich. Um diese Zeit weilte Marcelinho längst in seiner Heimat, im fernen Campina Grande im Nordosten Brasiliens. Da sich der Mittelfeldmann im Spiel gegen Bayern München seine fünfte Gelbe Karte abgeholt hatte, war er für das Duell am Sonnabend in Mainz gesperrt. Marcelinho flog aber mit nach Frankfurt/Main, weil ein Termin beim Hauptsponsor in Eschborn zu absolvieren war. Marcelinho schrieb sich bei der Autogrammstunde die Finger wund. Danach hatte ihm der Verein freigestellt, ob er in Mainz bleiben oder lieber sofort nach Berlin zurückkehren wolle. Am Sonnabend noch verneinte bei Hertha niemand die Version, wonach es der Brasilianer vorgezogen habe, nach Berlin zu fliegen. Der Karneval schien zu locken. Es war eine falsche Fährte. Am Sonntag teilte Hertha mit, dass Marcelinho noch am Freitagabend mit der Spätmaschine von Frankfurt aus nach Brasilien geflogen war, 'zur Klärung privater geschäftlicher Probleme', wie Manager Dieter Hoeneß die plötzliche Abreise äußerst vorsichtig umschrieb. Hoeneß befand sich in einer unangenehmen Situation, wie er selbst zugab. 'Ich will die Privatsphäre von Marcelinho schützen, aber ich muss auch eine vernünftige Erklärung abgeben, warum er in seine Heimat geflogen ist.' Am Freitagabend habe Marcelinhos Berater Luiz Taveira den Hertha-Manager angerufen und vom Abflug des Profis, der mit seiner Frau Estela reiste, informiert. 'Ich stecke da nicht drin, wie Marcello seine geschäftlichen Dinge organisiert, aber uns ist ja bekannt, dass er mit Geld nicht besonders gut umgehen kann.' Die Angelegenheit sei jedenfalls wichtig genug, um den Spieler kurzfristig fliegen zu lassen, sagte Dieter Hoeneß. Die Probleme, die Herthas besten Spieler der Saison belasten, seien 'wahrscheinlich in Brasilien entstanden', umschrieb es der Manager. Es darf vermutet werden, dass es um mißglückte Geldanlagen in seiner Heimat geht. Marcelinho wird derzeit von Berater Taveira unterstützt, einem 'sehr seriösen Mann' (Hoeneß). Auf Nachfragen wurde bekannt, dass der Klub Marcelinho auch in der Vergangenheit schon geholfen habe. Hoeneß sagt nicht, ob es sich dabei um Vorschüsse oder Kredite gehandelt hat. Hertha habe seinem Profi auch angeboten, ihm in Berlin einen seriösen Mann zur Seite zu stellen, der seine Finanzen ordnet. Das habe er aber bislang abgelehnt. Fakt ist, dass Marcelinhos Vertrag in Berlin (Laufzeit bis 2007) eine Klausel beinhaltet, die den 'gutmütigen Spieler' (Hoeneß) vor falschen Freunden oder unbedarften finanziellen Transaktionen schützen sollte. Als der Kontrakt aus dem Jahr 2001, der auf Dollarbasis abgeschlossen wurde, schon im August 2002 bis 2007 verlängert worden war, bekam der Brasilianer keine erhöhten Bezüge. Dafür wird im Juli 2006, ein Jahr vor Ablauf, eine Einmalzahlung in Höhe von einer Million Dollar ausgeschüttet. Die ersten Jahre in Berlin hatte Marcelinho ein Dachgeschoss mit mehreren Appartements in der Nähe des Kaiserdamms gemietet, wo er nicht nur die eigene Familie, sondern auch seinen Bruder und viele Freunde aus Campina Grande aushielt. Von rund 30 000 Euro pro Monat an Ausgaben war die Rede. Vor Monaten aber war er umgezogen, nach Westend, noch näher ans Olympiastadion heran - und soll dort nur noch mit seiner Frau und den beiden Kindern wohnen. 'Sein Leben in Berlin ist ruhiger geworden', sagt Hoeneß. In seiner Heimat, im ländlichen Campina Grande im Bundesstaat Paraiba, besitzt Marcelinho ein Grundstück, das etwa vier Fußballfelder groß ist, wie ein Augenzeuge beschreibt. Mehrere Häuser stehen darauf, eine riesige Garage und ein künstlicher See. Sein 200 Quadratmeter großes Wohnhaus soll für europäische Verhältnisse eher spartanisch eingerichtet sein. Ein neues Domizil befinde sich im Rohbau. Manager Hoeneß sagt: 'Wir brauchen Marcelinho, und wir wollen ihm helfen.'"
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