Sonntag, Februar 06, 2005

Perspektivsieg

Die Schuhe des Fiedler sahen gestern gar nicht nach Fußball aus, sondern eher nach Bowling oder Kricket oder einer anderen dieser Sportarten, bei denen es nicht um die Beherrschung eines Strafraums geht. Das Spiel war dementsprechend nicht höchstklassig, aber die Hertha hat es schön hingekriegt - besonders gefiel mir der Paß von Malik Fathi auf Gilberto vor der Flanke auf Yildiray Bastürk, der den gegnerischen Strafraum beherrschte, indem er nicht zu sehr abhob. Es wird mir noch lange ein Rätsel bleiben, wie Kopfballduelle gewonnen oder verloren werden, welche Mischung aus Intuition und Robustheit erforderlich ist, daß ein Stürmer die zehn Zentimeter näher an der idealen Druckstelle des Balls ist, von der ihn der Verteidiger abdrängen möchte - natürlich spielt Erfahrung und Präsenz eine Rolle, aber das Kopfballtor, das Vieira neulich gegen MeanU gelang, erzielte er aus einem Gedränge, das sonst nur Pressefotografen so bilden, wenn sie Nicole Kidman auf einem roten Teppich sehen. Und es soll mir niemand erzählen, daß Vieira den Ball so kommen sah - er traf mit dem Hinterkopf. Bastürk jedenfalls gewann ein Kopfballduell, das keines war - er war einfach dort, wo der Ball hinkam. Spielintelligenz. Am Abend fuhren die Autokolonnen hupend durch Kreuzberg, vermutlich hat jemand geheiratet, vielleicht war es aber doch Ausdruck einer neuen Identifikation mit der Hertha, und Dieter Hoeneß hätte mit dem Transfer dazu beigetragen, die Parallelgesellschaft aufzubrechen. Yildiray! Langsam muß sich das Team mental darauf einstellen, daß es in diesem Jahr noch interessant werden könnte. Sie müssen eigentlich nur so weiterspielen wie bisher, nämlich konzentriert und unangenehm nahe am Mann schon an der Mittellinie. Nach vorne geht es ohnehin schnell wie der Transrapid (während Rangnicks ICE gerade Verspätungen einfährt). In zwei Wochen, wenn es gegen Stuttgart geht, werden die Weichen gestellt (einmal angenommen, daß Nürnberg sich als bezwingbar erweist) für diesen Frühling. Genug Eisenbahnmetaphern. Neu an der Hertha ist in diesem Spieljahr, daß sie nicht einfach eine Serie spielt, oder einen Lauf hat, sondern ihrer Konstanz jedes Wochenende ein bißchen Gewicht hinzufügt, ohne an Schnelligkeit zu verlieren. Sie macht Fortschritte.

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