Montag, Februar 14, 2005

König Artur

Vom "Spiel des Jahres" hatte Falko Götz vor dem Samstag gesprochen. Mir war das übertrieben erschienen, denn jetzt kommen Stuttgart und der HSV. Aber es erwies sich, daß der Coach eine Ahnung hatte: Es war tatsächlich so etwas wie eine Richtungsentscheidung, die Hertha gegen Nürnberg traf - im Prinzip traf Yildiray Bastürk sie allein, aber das reicht ja auch, so funktionieren Mannschaften, sie orientieren sich an ihren Besten oder ihren Schwächsten, je nachdem. Bastürk wollte unbedingt gewinnen, und nach seinem Solo an die Toroutlinie in der 90. Minute, nach dem Paß vor die Beine von Artur Wichniarek, der in der Zwischenzeit die intuitiven zwei Schritte in den leeren Raum gemacht hatte, nach der Verwandlung war die Hertha dort, wo sie noch nicht oft war: in der Peripetie eines Dramas, dessen Regie sie nicht aus der Hand geben wollte. Es war ein unerfreuliches Match auf einem sehr tiefen Boden, der schnelle Spielzüge trotzdem zuließ. Die Aufstellung wirkte wie eine Zerdehnung der ohnehin seltsamen Stammformation - weil Marx fehlte, spielte Dardai neben Kovac, vor ihm Reina als rechter Tank. Links hatte Gilberto, weil Fathi der offensiveren Variante wegen auf der Bank blieb, die ganze Seite allein. Bastürk und Neuendorf teilten sich das Zentrum. Nando blieb unauffällig. Die erste Halbzeit war so einseitig, daß ich die Pause am liebsten abgesagt hätte - denn danach ging es wie so oft anders weiter. Der Faden riß aber nicht durch die kleine Regeneration in der warmen Kabine, sondern durch die Gemeinheiten der Nürnberger - die Verletzung von Simunic traf unsere Säule, und sie entstand aus einer Situation, in der nur ein gehässiger, destruktiver Stürmer noch nachgeht, bei Ballbesitz Hertha und nach einer längst verpufften Offensivanstrengung von Nürnberg. Weitere Fouls trafen den großartigen Yildiray und das innere Gleichgewicht von Neuendorf, der vom 1. FC dreißig Minuten lang für eine gelb-rote Karte präpariert wurde. Der Schiedsrichter tat nichts, um die Situation zu kalmieren. Deswegen wurde bis zur 80. Minute kaum gespielt. Dann kam die Szene mit Dardai, der an der Outlinie noch in der Hälfte des Gegners einen Luftsprung vollführte, statt den Ball einfach über die Linie zu dreschen - der Nürnberger Konter war mustergültig, und dann hatten wir noch 12 Minuten Zeit, um König Artur in Position zu bringen. Ich habe den ganzen Herst über in unserem bürgerlichen Sektor auf dem Oberring dafür votiert, ihm seine Chance zu geben (sehr zum Unverständnis der vielen Cheftrainer neben mir), ich glaube bis heute, daß er ein exzellenter Stürmer ist - aber die Hertha spielt diese Saison mit einem unrunden System, und solange das so effektiv ist, kann Falko Götz machen, was er will. Von mir aus kann er schon nächsten Sonntag wieder ein Spiel des Jahres ausrufen.

Keine Kommentare: