Sonntag, November 28, 2010

Zufriedenheit

Zwei Tage vor der Mitgliederversammlung müssen die Verantwortlichen die erste ein wenig ernüchternde Zwischenbilanz in diesem Herbst ziehen. Das Heimspiel gegen MSV Duisburg ging gestern 0:2 verloren, dazu kommen zwei Aussagen aus der Dialog-Veranstaltung vom Donnerstag, die es in sich haben.

Geschäftsführer Schiller räumte dort einen Schuldenstand von 37,34 Millionen mit 30.6.2010 ein (das sind fast die wenige Tage davor noch dementierten 38 Millionen), aufhorchen muss aber vor allem ein Satz lassen: In der zweiten Liga ist mit einem Mannschaftsetat wie heuer an Schuldentilgung "nicht einmal theoretisch" zu denken (ich beziehe mich auf den wie immer verdienstvollen Ticker von der Veranstaltung).

Nun gerät aber die aktuelle (teure) Mannschaft in Liga zwee zunehmend an ihre Grenzen. Coach Babbel macht dies an zu großer "Zufriedenheit" und fehlender "Gier" fest, er beschränkt sich also auf Einstellungsaspekte, auf die Struktur der Mannschaft mag er nicht eingehen.

Gegen den MSV kam Domovchiyski für Perdedaj zurück in das Team, Rukavytsya blieb rechts offensiv im Dienst, Lasogga bekam das Vertrauen im Sturmzentrum. Gegen Bochum hatte neulich noch ein intensives Pressing zu einer deutlichen, letzlich produktiven Überlegenheit geführt. Gegen Duisburg beschränkte Hertha sich auf fadenscheiniges Aufbauspiel mit vielen Versuchen, die dichte Deckung des Gegners kleinteilig zu überwinden.

Ich predige hier keineswegs den langen Ball, das Problem scheint mir nach wie vor auf den Außenlinien zu liegen, die keinen Druck ausüben, sodass sich das Geschehen immer wieder zentriert. Ramos ist als Flügelspieler verschenkt, wenn er keinen Platz hat (also fast immer), Rukavytsya kommt über zwei, drei gute Ansätze pro Spiel nicht hinaus und hat inzwischen auch bei Standardsituationen an Gefahr eingebüßt. Der Routinier Kobiashvili ist eine der größten Enttäuschungen dieser Hinrunde, sein indifferentes Spiel mag nur wohlwollenden Beobachtern als Effizienz erscheinen.

Die beiden Gegentore werfen auch ein Licht auf die offensiven Defizite: Sie kamen nicht zuletzt dadurch zustande, dass alle Herthaner sich auf den Ball konzentrierten, und niemand einen Versuch unternahm, positionelle Möglichkeiten (auch des Gegners) zu antizipieren.

Das erste Tor ging auf einen Klassepass in die Lücke zwischen Hubnik und Neumann zurück, der Abpraller von der Latte hätte aber vielleicht entschärft werden können, wenn man beim entgeisterten Hinterherlaufen zumindest noch die Gegner im Augenwinkel behalten hätte. Ich weiß, das ist viel verlangt, wir sind in Liga zwee.

Beim zweiten Gegentor musste Djuricin persönliches Lehrgeld bezahlen, er allein hätte vielleicht den mitlaufenden Baljak noch erwischen können, doch er sah das nicht als seine Aufgabe, und bei Sebastian Neumann wurden in dieser Szene doch Schnelligkeitsdefizite deutlich.

Für die letzten drei Spiele täte der Mannschaft ein kleiner Umbau vermutlich gut. Ich plädiere sehr für Lustenberger neben Niemeyer, und fände auch eine grundsätzliche Modifikation des Angriffs überlegendswert - warum in der Allarena nicht einmal mit Ramos in der Zentrale beginnen, Ronny auf links, Djuricin oder Schulz auf rechts, Raffael zentral.

Der Kolumbianer hat sich im Jahr des Grauens mehrfach als kluger Läufer in die Lücken erwiesen, man müsste allerdings insgesamt daraus hoffen, dass die Linienrichter endlich einmal ihre Regeln lernen - in dubio pro attacante, das haben sie gestern auch wieder zweimal anders entschieden. Ob Hertha andernfalls gewonnen hätte? Auch dass hätte nichts daran geändert, dass es kein gutes Spiel war.

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