Dienstag, Oktober 05, 2010

Establishment

Im Montagabendspiel der 7. Runde der aktuellen Saison in Liga zwee blieb Hertha gestern tor- und gegentorlos gegen Alemannia Aaachen. Die Nullnummer bringt es mit sich, dass der Vorsprung auf das Establishment in dieser Klasse vor der Länderspielpause einen Punkt beträgt. Hertha hat 17 Zähler, dahinter kommen schon Greuter Fürth und Erzgebirge Aue (dies vielleicht eher eine Momentaufnahme), Duisburg hat 15 Punkte.

In zwei Wochen muss Hertha zum FSV Frankfurt, und am Freitag darauf wird das Olympiastadion zum Ort eines Spitzenspiels werden: Berlin gegen Franken, Hertha gegen Fürth. Liga zwee, "scheißegal", sangen auch gestern wieder viele der fast 35.000 Zuschauer.

Den leichten Rückschlag nach ein paar Wochen Hurra-Akklimatisierung hat Hertha paradoxerweise dem Umstand zuzuschreiben, dass Coach Babbel ein zu offensives System spielen lässt: Das 4-1-4-1 wurde gestern ein wenig zu buchstäblich verstanden, im Spielaufbau gab es empfindliche Mängel. Das lag einerseits daran, dass die Außendecker Lell und Kobiashvili von den klug spielenden Aachenern gut beschäftigt wurden (und wenn sie Raum nach vorn hatten, agierte vor allem Lell oft überhastet).

Vor allem aber hapert es in der Zentrale, und Domovchyiski ist der Mann, dem ein großer Teil des Mankos zuzuschreiben ist. Er scheint seine Rolle nicht ganz zu begreifen, oder vielleicht hat ihm Babbel auch die Instruktionen gegeben, de facto als zweiter Stürmer neben Friend zu operieren. Er tat jedenfalls weder das eine noch das andere, er ließ sich kaum einmal fallen, um Niemeyer zu unterstützen, und er machte keine Läufe hinter die Aachener Linie. Sein Arbeitsbereich blieb weitgehend auf 30, 40 Meter beschränkt, und während ich ihm da die ganze Zeit zusah, wie er unbeeindruckt von der aktuellen Situation weitgehend am Spiel vorbeitrabte, wurde mir klar: Er hat wohl doch nicht das Zeug zu einem wichtigen Spieler. Denn ein solcher begreift, wenn er etwas tun muss, was über das Minimalprogramm hinausgeht.

Von Raffael war das gestern immer wieder zu sehen, er holte sich Bälle, hatte einen großen Radius, aber auch er ließ nach einer Stunde nach. Dazu kam dann, dass Babbel den guten Schulz durch Rukavytsya ersetzte, während Djuricin sehr (zu!) spät für Domo kam. Und so lief das Match langsam aus, gelegentlich erregte Hubnik mit einem seiner Chaospässe die Menge, am Ende standen häufig fünf Offensivkräfte in einer Linie in der Aaachener Hälfte und warteten darauf, dass Niemeyer entweder im Doppelpass mit sich selbst den Ball nach vorn brachte - oder aber, wahrscheinlicher, auf den langen Ball, auf den die Hertha sich in Liga zwee zu sehr verlässt.

Das System bedarf der Korrektur, zum Glück bieten sich bald Alternativen an. Ich könnte mir zum Beispiel gut vorstellen, dass Lustenberger neben Niemeyer eine interessante, offensivere Rolle spielen könnte, aber eben eine verbindende zwischen den einfach nicht gut aufeinander abgestimmten Mannschaftsteilen.

Links würde ich immer noch gern einmal eine Chance für Radjabali-Fardi sehen, rechts haben wir leider keine wirklich gute Alternative zu Lell. Positiv lässt sich vermerken, dass die Defensive insgesamt ganz gut gearbeitet hat, vor allem auch der Torhüter. Das war aber auch notwendig, denn Aaachen hat gestern so gespielt, wie Hertha dies hätte tun sollen - in einem Duell auf Augenhöhe, das wohl endgültig klar gemacht hat, dass von einem Durchmarsch keine Rede sein kann.

Keine Kommentare: