Das erbärmliche 0:3 der Hertha gegen Bayern wirft eine Reihe von Fragen auf. Von Ergebnis und Spielverlauf glich das Match der Niederlage von Gladbach, die vor zwei Runden als erstes Team in der Allianz-Arena antreten mußten, dabei aber wesentlich mehr Chancen und Spielanteile hatten als Hertha gestern. Drei Umstände erscheinen mir spielentscheidend (auf unserer Seite): Die Grundaufstellung in der Defensive; das Verhalten beim Freistoß, der das 0:1 brachte; und das Pech mit Boateng, der für Marx kam und zwei Minuten später verletzt wieder ausscheiden mußte. Der Coach hatte die Viererkette mit Friedrich-van Burik-Madlung-Simunic besetzt, und damit das ganze Unheil heraufbeschworen. Wir wissen, daß Simunic nach vorne nichts zu Wege bringt. Das ist im Zentrum nicht so schlimm, auf der linken Außenbahn jedoch ein großes Problem, weil die dadurch gelähmt ist. Selbst ein formschwacher Malik Fathi (dessen stagnierende Entwicklung übrigens nicht nur ihm selbst anzulasten ist, sondern auch ein Licht auf das Training wirft) hätte die ein, zwei Verbindungen zu Neuendorf hergestellt, die für ein wenig mehr Entlastungen hätten sorgen müssen. So aber irrte Simunic draußen herum, schuf bei Ballbesitz neue Probleme, und kam schließlich nach der Pause zentral vor dem Strafraum zu dem Foul, das Ballack in aussichtsreiche Position brachte. In diesem Moment waren van Burik und Friedrich so unklug, auf Abseits zu spielen. Sie liefen von der Torlinie weg, während die Mauer stand, und Ballack schon anlief.
Damit lief Friedrich in den Ball hinein, und fälschte ihn ab. Tremmel war gestern gut in Form, es hätte vollkommen gereicht, ihm die Sache zu überlassen - dann hätte Ballack entweder souverän verwandelt, oder - bei der Schußrichtung, die sich andeutetete - der Ball wäre gehalten worden. Es war ein ärgerliches Gegentor, zu dem drei der vier Verteidiger nach Kräften beitrugen. Für das Match aber war es gut, denn die Bayern waren auch nicht so super gestern, und Hertha hätte nun ja zeigen können, daß sie nicht für ein 0:0 nach München gekommen war. Sie hätte also das einlösen können, was während der Woche in Interviews verbreitet worden war. Die Auswechslung von Niko Kovac (für ihn kam Okoronkwo) war eine mutige Entscheidung, und als Boateng für Marx kam, stand eine Mannschaft auf dem Platz, die nach Zukunft aussah. Die hätte ich gern noch dreißig Minuten gesehen, aber Boateng war anscheinend für einen Einsatz gar nicht fit, und nach der Einwechslung von Samba irrten vier Innenverteidiger über den Platz, was zu den demütigenden Gegentoren führte, die in der Schlußphase fielen. Aus der Halbzeit, die ich von Boateng gegen Frankfurt gesehen habe, läßt sich auf großes Potential schließen. Ich hoffe, er löst Kovac beizeiten ab. Wenn dieser "Führungsspieler", der mit der Degradierung von Fathi in Koblenz ja öffentlich begonnen hatte und damit die fatale Aufstellung von gestern mitbewirkt hatte, endlich selbst degradiert würde, dann hätte das Trauerspiel von gestern noch sein Gutes. Die Saison beginnt für uns in zwei Wochen von vorn, und wenn die sich abzeichnenden Autoritätsprobleme von Falko Götz eskalieren, dann wird das ein stürmisches Jahr. Meine Empfehlungen sind zu radikal, um auf Verständnis zu stoßen: Ich würde Kovac, van Burik und Madlung sofort verkaufen. Aber es will sie ja keiner.
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