Freitag, Mai 11, 2012

Selbsttorheit

Die ganze Unerbittlichkeit des Fußballs hat Hertha im ersten Relegationsspiel gegen Fortuna Düsseldorf zu spüren bekommen. 40 Minuten lang, von der 10. bis zur 50., sah das nach einer souveränen Angelegenheit aus, das volle Olympiastadion gab einen wunderbaren Rahmen ab für ein Spiel, das sich im Detail dann allerdings als tückisch erwies. Aus Düsseldorf war ein veritabler Fanblock angereist, sodass sich die beiden Kurven ein gutes Duell liefern konnten - dass die Ostkurve numerisch stärker war, war nicht immer eindeutig zu bemerken. Hertha spielte mit der Formation aus dem Hoffenheim-Spiel, mit einer Ausnahme: der Bär ist ja leider schwer verletzt, an seiner Stelle kam Ramos als Stürmer zum Einsatz. Er schloss nahtlos an seine problematische Saison an, schon nach wenigen Minuten ließ er Bodzek zum Kopfball kommen, eine sehr knappe Sache.

Dann bemächtigte Hertha sich aber des Spiels, begünstigt durch den Führungstreffer, einen Kopfball von Hubnik nach Ecke von Ben-Hatira. Die erste Halbzeit schien wie ein klassisches Favoritenspiel: Hertha hatte Ballbesitz, Kontrolle, auch Chancen. Nur die letzte Konsequenz fehlte, die Sache sah einfach ein wenig zu klar aus. Norbert Meier, der hinterher bei der Pressekonferenz auch beeindruckend auftrat, muss es geschafft haben, seiner Mannschaft das Spiel in der Pause besser aufzuschlüsseln.

Denn danach war Düsseldorf besser präsent, und ab der 50. Minute konnte man den Eindruck bekommen, dass es mit dem zweiten Tor vielleicht auch nichts werden könnte. Dass dann allerdings Bröker gleich darauf mit einem Solo über die linke Seite (wieviele Tore hat Hertha da heuer bekommen? eine Menge auf jeden Fall!) alles auf den Kopf stellen würde, das hatte sich nicht abgezeichnet. Hubnik sah nicht gut aus in dieser Szene, er spielte eine verworrene Abseitsfalle mit sich selbst, den Schützen bedrängte er nicht. Nur wenige Minuten später lenkte Ramos einen Freistoß unhaltbar ins eigene Tor. Ein "Selbsttor", wie der Mann mit der unendlichen Erfahrung das nennt.

Rückschläge kann diese Mannschaft schlecht verarbeiten, auch gestern war bis auf einen Freistoß von Ronny nichts mehr weiter zu sehen. Und so fährt Hertha als Außenseiter nach Düsseldorf, zu einem Spiel, in dem theoretisch aber natürlich immer noch alles möglich ist. Denn Tore kann man gegen Düsseldorf schaffen, auch die mindestens zwei, die es brauchen wird. Wenn Hertha es schaffen würde, in Führung zu gehen, dann ginge die berühmte Rückspiellogik los. Und Fortuna kann dann ja kein weiteres Auswärtstor schießen.

Ob es aber gelingt, den Spielern diesen weiteren Rückschlag noch einmal aus den Köpfen zu bekommen? Ben-Hatira wirkte im Interview auf HerthaTV doch sehr erschöpft und leer, sein Spiel war auch nicht mehr so energisch wie am Samstag. Personell sind nicht viele Alternativen vorhanden. Ottl saß gestern nicht einmal auf der Bank, das finde ich richtig, und das soll auch so bleiben. Aber ob Lell nicht doch noch einmal eine Chance bekommen sollte, Janker dafür in die Innenverteidigung, Niemeyer zu Kobiashvili nach vorn, Bastians statt Holland - das sind alles Szenarien, die jetzt eine Rolle spielen müssten, auch aus Gründen der Frische. Im Moment aber ist noch Leere.


1 Kommentar:

VBL hat gesagt…

Danke für den nüchternen Bericht, er ist immer wieder wohltuend gegenüber sonstigen in den verschiedenen Tageszeitungen und Bloggs.
Grüße VBL