Montag, Mai 14, 2012

Endspiele

Drei Finalspiele innerhalb von dreißig Stunden habe ich am Wochenende gesehen, und morgen folgt gleich noch eines. Das erste fand am Samstag zur Mittagszeit statt, ich hatte nicht genug Zeit, um selbst ins Amateurstadion zu fahren, zum Glück gab es aber auf DFB-TV eine gar nicht schlechte Live-Übertragung in einem Stream: Im Pokalfinale der A-Junioren verlor Hertha gegen den SC Freiburg mit 1:2. Dabei waren mit Brooks und Schulz auch zwei Spieler auf dem Platz, die bereits Profiverträge haben. Trainer ist Jörg Schwanke.

Im Publikum war Christian Streich, dessen großartigen Auftritt im ZDF-Sportstudio man online noch sehen kann, gelegentlich war die Kamera auch auf Michael Preetz gerichtet. Hertha war insgesamt wohl doch die um ein Tor weniger reife Mannschaft, aber es tut doch gut, ein Nachwuchsteam wieder einmal in einem Entscheidungsspiel zu sehen, nachdem zuletzt wenig von den Jungen zu hören gewesen war.

Nico Schulz hinterließ nach dem, was im Fernsehen mitzukriegen war, einen guten Eindruck. Er war ja die ganze Saison hindurch weit weg vom Profikader, auch für ihn hängt vom Spiel in Düsseldorf sehr viel ab, allerdings auf eine vertrackte Weise: Er könnte von einem Abstieg von Hertha sogar profitieren, sich in Liga zwee eher festspielen.

Am Samstagabend dann das Pokalfinale, das ich nicht konzentriert sehen konnte, das aber vor allem auch gezeigt hat, was im Olympiastadion möglich wäre, wenn dort mehr als einmal im Jahr ein großes Spiel stattfinden würde. Die Inszenierung mit den einmarschierenden Tülldamen ging ja schon fast ein bisschen zu weit, was die Dortmunder allerdings später mit dem Riesentor machten, kann man getrost als weitere Entmythologisierung der monumentalen Lücke sehen, durch die Nazideutschland einst in den Westen blickte.

Alles wurde aber am Sonntag überboten vom mehrfachen Thriller in der englischen Liga. Um ein Haar hätten die Queens Park Rangers es geschafft, den Triumph der "noisy neighbours" von Manchester City zu verhindern. Ich habe schon einmal an dieser Stelle auf das absolut bewunderungswürdige Ethos dieser Mannschaft verwiesen, das wäre eine Orientierungsmarke für Hertha gewesen, schon seit Wochen (abzüglich des nicht zurechnungsfähigen Joey Barton allerdings). Mit zehn Mann hielt QPR bis zur 90. Minute ein 2:1 auf gegnerischem Platz, bevor dann durch Tore von Dzeko und Aguero die Dämme brachen (zu diesem Zeitpunkt hatte Bolton schon das 2:2 hinnehmen müssen, sodass die Rangers trotz der Niederlage die Klasse halten werden).

Der Triumph von "Moneybags City" hat zwei Seiten. Auf der einen Seite ist er natürlich erkauft und kam unter unfairen Bedingungen zustande. Aber so ist das Leben, wir alle konkurrieren tagtäglich mit Leuten, die Startvorteile haben. Auf der anderen Seite gab es gestern Fans zu sehen, denen deutlich anzumerken war, dass sie viele Jahre auf so einen Moment gewartet haben – und sie haben ihn würdig und euphorisch begangen. Die Fans haben mich mit dem Moment versöhnt, muss ich sagen, obwohl es eigentlich eines meiner Saisonwunschziele war, dass City nichts gewinnt (aber da war auch ein wenig persönlicher Groll auf Samir Nasri dabei, der sich nun in seiner Abkehr von Arsenal bestätigt sehen kann).

Wie würde ich reagieren, käme für Hertha ein Scheich? Ich könnte mich über eine Geschichte wie die von City nicht wirklich freuen. Auf eine bestimmte Weise bin ich nämlich doch Fußballromantiker: ich möchte Entwicklung sehen, und keine evolutionären Übersprünge. Ein Meistertitel für 400 Millionen Euro ist nun einmal kein nur sportliches Faktum. Andererseits sind die Standortfaktoren zumindest bei Arsenal und Manchester United so, dass sie eigentlich konkurrenzfähig wären - doch United hatte ein Übergangsjahr, und bei Arsenal wird, obwohl gestern Platz 3 gesichert wurde, nicht gut genug gearbeitet.

Die erste Mannschaft von Hertha steht morgen vor einem wegweisenden Spiel. Aber auch das ist relativ. Entscheidend ist, was sich im Moment schon hinter den Kulissen anbahnt. Wie wird der Verein in Zukunft geführt, und von wem? In den drei Jahren seit der Ablöse des Wolkenkuckucksmanagers Hoeneß hat Hertha im Grunde noch kein Bein auf den Boden gebracht. Morgen werden die Grundlagen für die Diskussionen geschaffen, die auch dann zu führen sind, sollte der Abstieg noch verhindert werden. Zu viel läuft nämlich falsch bei Hertha.

1 Kommentar:

Gerald Hoedl hat gesagt…

zwei szenarien: zweite liga und weitere dekonstruktion (durchreichung in den hansa rostock status) oder zweite liga und konsolidierung (was aber änderung in der führungsriege erfordert); unwahrscheinliches szenario 3: erste liga - wär schön, aber wenn sich nichts in der führungsriege ändert, steht man um die zeit nächstes jahr wieder vor diesen beiden szenarien