Dienstag, März 29, 2011

Elftbeste Freunde

Zwischendurch eine Nachricht aus England, die allen Herthafans ein exzellentes Zeugnis ausstellt: Unser Club aus Berlin ist offiziell der am elftbesten unterstützte in Europa, knapp hinter dem HSV und vor Olympique Marseille. Dahinter rangieren Mannschaften wie Inter Mailand, die halbe Bundesliga und, mit großem Abstand, der FC Liverpool. Ganz vorne steht Manchester United, gefolgt vom BVB. Nun beruht dieses Ranking nicht auf einer komplexen Auswertung von Besucherstatistiken, Ostkurvenadrenalinwerten, Dezibelanalysen und Mentalenergiemessungen, sondern ganz einfach auf den Besucherzahlen der vorangegangenen Saison. Da hängt also natürlich eine Menge an der schieren Stadionkapazität selbst, die Position von Liverpool ergibt sich daraus, dass das Stadion an der Anfield Road relativ klein ist (sie würden anderenfalls wohl führen müssen).

Die Zahlen zeigen aber, wenn sie denn stimmen (hatte Hertha tatsächlich einen Schnitt von 52,165?), welche Voraussetzungen in Berlin herrschen und wo man mit ein wenig Geschick hinkommen sollte - in das europäische Mittelfeld. Das Oly bietet nun einmal eine Menge Platz, das ergibt - trotz blauer Laufbahn - eine Menge potentieller Einnahmen, und man kann auch drumherum eine Menge "generieren". Wenn am Wochenende der SC Paderborn 07 in die Hauptstadt kommt, dann werden Berlin und die Welt wieder in großer Zahl erscheinen, und damit dazu beitragen, dass Hertha in dieser Saison eine Konkurrenz ganz sicher und mit phänomenalem Abstand gewinnt: die um den bestunterstützten Zweitligisten aus 2010/2011.

Dienstag, März 22, 2011

Saisonverläufe

Den türkischen Spieler Tuncay Sanli kenne ich gut aus der Premier League, weil er dort den Arsenal FC das eine oder andere Mal geärgert hat, was so schwer nicht ist. Im Winter hat Manager Hoeneß ihn nach Wolfsburg geholt, wo er dreimal "geholfen" hat, seither ist er nicht mehr aufgeschienen, und der VfL, der Club mit dem sechststärksten Kader, steht auf Platz 17. Dass Manager Hoeneß in der Autostadt kein neues Imperium, sondern einen neuen Scherbenhaufen hinterließ, ist nur eine Nebensache dieser Saison, aber eine, die ich mit Emotion verfolge - und mit Elefantengedächtnis, das bei jeder Fehlentscheidung zuungunsten von Wolfsburg sofort an die eine Szene zwischen Simunic und Dzeko zurückdenkt, die vor zwei Jahren eine wichtige Weiche stellte. Herthaner werden wissen, was ich meine.

Sieben Spiele (neun in England) stehen noch aus, allmählich klären sich die Konstellationen, es werden Saisonverläufe sichtbar, und man weiß langsam, worauf es ankommen wird. In Liga zwee deutet sich ein schwieriges Finale für Hertha an, das sie mit zwei Heimsiegen gegen Paderborn und Osnabrück allerdings etwas leichter gestalten könnte. Es wird aber auf die direkte Auseinandersetzung mit Bochum ankommen, den Rückfall auf Platz 3 (oder, nicht auszudenken, 4) zu vermeiden. Für das Auswärtsspiel in Aue am vorletzten Tag gab es eine Verlosung der knappen Auswärtskarten, bei der ich Glück hatte - ich kann also live berichten.

In Liga eins hat Jürgen Klopp nach dem Match gegen Mainz erkennen lassen, dass er sehr wohl weiß, was auf dem Spiel steht: eine gigantische Blamage ist nicht völlig auszuschließen, die sieben Punkte auf Vizekusen sind eine Ziffer, die unbeteiligte Fans wie mich neugierig macht. Ich habe allerdings aus dem Jahr 2002 noch eine gewisse Sympathie für Leverkusen bewahrt, deren Stil in diesem Jahr auch wieder positiv auffällt - bei der Gelegenheit: Wo ist eigentlich Yildiray Bastürk?

In England sieht Chelsea nach einem epischen Durchhänger über drei Monate plötzlich wieder eine kleine Chance gegen MeanU, dazwischen liegt nur noch Arsenal, wo Jens Lehmann plötzlich ernsthafte Chancen hat, für den Zieleinlauf die Nummer eins im Tor zu werden. Das wäre dann auch ein Saisonverlauf, von dem zwar alle seriösen Kommentatoren in England meinen, dass er ans Groteske grenzt - aber wer weiß, was sich das Schicksal für "Mad Jens" noch ausgedacht hat?

Samstag, März 19, 2011

Maltematip

Die Spieler von Hertha sollten gestern gemerkt haben, dass Liga zwee auch anstrengend sein kann: Eine von Benno Möhlmann trainierte Mannschaft des FC Ingolstadt 04 (der erst zum zweiten Mal die Wege von Hertha Berliner Sport Club gekreuzt hat) hat mit Mumm gegen einen mäßig inspirierten Favoriten ein 1:1 erreicht.

Dabei hatte es nach der 70. Minute so ausgesehen, als könnte auch dieses umkämpfte Spiel eine weitere Station auf dem Durchmarsch sein. Da setzte nämlich der eben eingewechselte Nico Schulz einem Ball nach, den Malte Metzelder eigentlich unter Kontrolle hatte. Der Verteidiger rutschte aber weg, und so konnte Schulz noch eine Hereingabe bewerkstelligen (bei der es ihn selber auf den Hosenboden setzte), die Lasogga dieses Mal im Stile eines "Schleichers" verwandelte. Er kam wenig zur Geltung gestern, war aber da, als es galt, wie einst der legendäre österreichische Stehgeiger Anton Polster.

Danach verstärkte Ingolstadt aber noch einmal das ohnehin schon beträchtliche Engagement und erzielte schließlich nach Kopfball durch Marvin Matip den Ausgleich - das Remis war also, wenn man die beiden Ingolstädter Hauptbeteiligten nimmt, höhere Maltematip.

Warum lief es nicht so für Hertha? Das Spiel von Montag sollte eigentlich nicht mehr in den Beinen gewesen sein, aber vielleicht im Kopf? Man hatte jedenfalls von weit außen (Fernsehen) den Eindruck einer gewissen Zerstreutheit vor allem bei Ebert und Raffael, auch Ramos, dazu kam ein mangelnder Nachdruck bei den Standards, die von rechts vorwiegend mit Slice geschossen wurden und deswegen auf dem Weg in den Strafraum immer langsamer zu werden schienen, gleichsam verhungerten.

Ingolstadt spielt aber auch wirklich einen guten Upsetter-Fußball, also einen Stil, der unterlegenen Mannschaften Erfolg verspricht, weil er auf defensiver Verengung und zügiger offensiver Öffnung der Räume besteht. Mijatovic hielt mit einigen "old school"-Tacklings dagegen, das Kopfballduell gegen Matip verlor dann allerdings Lasogga, sodass auch er persönlich unentschieden spielte.

Coach Babbel nahm das Ergebnis nicht sehr krumm, die Mannschaft aber hat hoffentlich begriffen, dass ein zwotes Jahr in Liga zwee zwei weitere Begegnungen mit Ingolstadt mit sich bringen würde - und das sollte sie tunlichst vermeiden.

Dienstag, März 15, 2011

Trolli-Arena

Eine reife Leistung von Hertha Berliner (nicht, wie ich fälschlich meinte: Ball) Sport Club gegen den Aufstiegskonkurrenten Greuther Fürth ergibt in Summe sechs Punkte Vorsprung auf Platz drei, einen gelösten Manager Preetz und gute Aussichten für den Zieleinlauf in Liga zwee. Vor 12790 Zuschauern in der nicht ausverkauften Trolli-Arena trafen Ramos und Niemeyer per Kopf. Personell waren nur drei Angelegenheiten nennenswert: Erstens spielte Ronny für den kurzfristig indisponierten Kobiashvili (ordentlicher Auftritt), zweitens war Lell doch rechtzeitig fit geworden, sodass sich der Einsatz von Janker (über den der RBB am Sonntag noch einen Beitrag gebracht hatte) erübrigte, und drittens kam Raffael über einen halbstündigen Einsatz nicht hinaus, nachdem ihm davor Lustenberger vorgezogen worden war, der stark spielte, wie auch Niemeyer.

Hertha hat in dieser Saison einen Lernprozess vollzogen, der sie gleichzeitig wieder an ihren Ausgangspunkt zurückführt - zu dem Flügelspiel plus Standardsituationen, das sie zwischendurch ein wenig vergessen hatte. In Fürth fielen die Tore nach Flanken von rechts, einige interessante Hereingaben von links blieben unverwertet. Der Führungstreffer von Ramos wie auch das zweite Tor durch Niemeyer kann man als Kopien bereits patentierbarer Hertha-Treffer aus dieser Saison ansehen (zB hatte Niemeyer im Hinspiel gegen Union ganz ähnlich getroffen, und Ramos erst neulich gegen Aachen, allerdings damals nach ruhendem Ball).

Die neue Breite des Hertha-Spiels verdankt sich nicht zuletzt dem Ethos und der Technik von Patrick Ebert, der sich als echter Gewinn erweist, nachdem er die ganze Hinrunde versäumt hatte. Es gibt natürlich auch personelle Opfer der neu gefundenen Kompaktkeit: Nach Domovchyiski (der gestern kurz spielen durfte) ist nun auch Raffael in einer Situation, in der für ihn nicht in jedem Fall Platz ist - der beste Spieler im Kader hat keinen Stammplatz, auch interessant.

Der Umstand spricht aber natürlich für das, was Preetz nach dem Spiel sagte: dass bei Aufstieg die Mannschaft weitgehend bereits steht für Liga uno. Ich habe ja schon verschiedentlich geschrieben, dass ich dann ein Szenario mit Lustenberger und Niemyer, Raffael und Ramos für plausibel hielte, wodurch Lasogga in die Wartestellung müsste. Das sind alles Planspiele, die bei Hertha den Aspekt am Fußball zurückbringen, der mich am meisten begeistert: allmähliche Entwicklung, Evolution, individuelle Professionalisierung (Ebert!) in einem überzeugenden System, das Hertha gegen Greuther Fürth präsentiert hat.

Freitag, März 11, 2011

Ritter der Mischmaschine

Ich muss zugeben, das CL-Spiel zwischen Barcelona und Arsenal beschäftigt mich immer noch. Das liegt nicht nur daran, dass in Sachen Hertha eher nachrichtenarme Zeit ist (soll ich mich wirklich ausführlich damit auseinandersetzen, dass Janker nur ein, zwei Spiele statt Lell machen wird?). Es liegt daran, dass in diesem Spiel grundsätzliche Optionen des Fußballs verhandelt wurden, wie auch Ronald Reng in einem guten Text ausführt.

Ich habe einfach eine Weile gebraucht, um zu verdauen, dass Arsenal dieses Mal eine andere - und man muss konstatieren: weniger naive - Herangehensweise an diese Herausforderung gewählt hat. Sie haben sich gegen die Armada der Ritterlichkeit als die Ritter der Mischmaschine positioniert, zwar nicht im eigentlichen Sinn Beton angerührt oder gar den Bus geparkt, wie die einschlägigen Formulierungen lauten, aber sie haben doch den Zugang des krass unterlegenen Teams gewählt.

Und damit wird erst so richtig verständlich, warum Arsène Wenger nach der roten Karte gegen van Persie so aus der Rolle gefallen ist. Denn der Referee hat den Strohhalm gekappt, auf den diese ganze Idee gestützt war - eindeutig hatte Arsenal einen Matchplan, und durch das Eigentor von Busquets waren sie in dem Moment auch drauf und dran, ihn durchzusetzen. Es war der Plan eines Underdogs, und damit hatte ich beim aktuellen Sehen des Spiels echte Schwierigkeiten, das zu konzedieren.

Bleibt also offen die Paradigmenfrage: Welches Konzept könnte gegen Barcelona funktionieren? Interessant ist eine Bemerkung des Arsenal-Keepers Almunia, der den Eindruck hatte, sein Team liefe zu wenig. Mir kam das auch so vor, aber die Statistik korrigiert das: Arsenal lief 111km, Barcelona 116, das ist weitgehend der Unterschied, den van Persies Fehlen ausmacht. Der Eindruck entsteht, weil Arsenal fast durchweg hinterher lief.

Die permanente Feinjustierung der beiden Defensivlinien war eine bemerkenswerte taktische Leistung, aber es fehlte etwas Entscheidendes: Aggressivität. Nur Wilshere kämpfte wirklich um den Ball, Fabregas hätte eigentlich nach 15 Minuten schon ausgewechselt werden müssen, Diaby war wie immer nur halb präsent, und Nasri kämpfte seine Duelle meistens auf Höhe des eigenen Sechzehners.

Ich bin sicher, Arsenal hatte auch einen Plan für die Einteilung der Kräfte, sie wollten wie im Hinspiel gegen Ende noch einmal zusetzen. Das wäre dann auch mehr gewesen als ein "lucky punch", das wäre tatsächlich Strategie gewesen, Abwägung von Mittel und Zweck, Konzession der Hoheit auf dem Feld im Tausch für den entscheidenden Konter (für den es ab Minute 60 allmählich die Räume gegeben hätte).

All das hat Busacca zumindest stark beeinträchtigt. Vor dem Spiel hatte ich getippt (gehofft), dass Arsenal mit einem 2:3 weiterkommen würde. Der Spielverlauf hat das im wesentlichen bestätigt, aber dann kam eben der Moment, der alle Pläne über den Haufen warf. Wie das eben so ist im Fußball, wo es nun noch fünf Gelegenheiten gibt, auf den FC Barcelona in diesem Jahr eine internationale Antwort zu finden.

Mittwoch, März 09, 2011

Ohrenbetäubung

Wenn es im Fußball so etwas wie lineare Evolution gäbe, dann müsste ich unbedingt darauf hoffen, dass Arsenal im kommenden Jahr wieder irgendwann auf den FC Barcelona in der CL trifft. Denn das Ausscheiden in diesem Jahr war genau um jene Faktoren knapper (2:1 und 1:3 nach 2:2 und 1:4 im Jahr 2010), dass beim nächsten Mal das Team von Arsène Wenger die Oberhand behalten müsste.

Wir wissen natürlich alle gut genug, dass das nutzlose Rechnungen sind, und Trost bieten sie auch keinen. Barcelona hat sich gestern völlig verdient durchgesetzt, weil Arsenal nur eine halbe taktische Antwort fand, und durch einen Fehler von Fabregas hielt diese auch nicht ganz eine Halbzeit vor.

Das Stichwort ist Mourinho. Arsenal zog sich zur Überraschung vieler Beobachter auf minimalen Ballbesitz zurück und schaffte es lange Zeit, die Zehnmannoffensive von Barcelona fast schon ein wenig zu entnerven. Die andere Komponente dieses Plans fehlte allerdings vollständig: Arsenal gab ein geradezu jämmerliches Bild bei Ballbesitz ab, von einem Ansatz zu einem gefährlichen Konter konnte keine Rede sein.

Dazu kam die auch nicht gerade noble, großzügige Darstellung von Schmerzensszenen - dauernd wälzte sich ein Gelber auf dem Rasen, gleich von Beginn an, das kenne ich sonst so nur von Cottbus im Olympiastadion. Die dadurch unumgängliche Nachspielzeit in Hälfte eins brachte das erste Tor für Barcelona (Fabregas, Iniesta, Messi), und damit war das halbe Konzept von Wenger eh schon obsolet.

Und tatsächlich bekam Arsenal eher glücklich bald nach der Pause durch einen Corner von Nasri, den Busquets ins eigene Tor lenkte (nachdem Abou Diaby, das muss man ihm lassen, vor ihm imposant hoch gestiegen war und ihm damit die Sicht auf den Ball nahm), den wichtigen Auswärtstreffer. Trotz des zum Teil würdelosen Auftretens in der ersten Halbzeit war ich nun auch noch einmal gespannt, doch dann stellte der Schweizer Schie

srichter Busacca in der 56. Minute van Persie mit einer gelb-roten Karte vom Feld. Das Bild, in dem der Niederländer mit dramatischer Geste den Referee auf die 100000 Zuschauer hinwies, deren Ohrenbetäubung ihn einen Abseitspfiff nicht hören ließ (die Fernsehaufnahmen machen seine Behauptung relativ glaubwürdig, van Persie schließt in einer fließenden Bewegung einen Durchbruch ab - ins Außennetz, er hätte da schon abbrechen müssen), werde ich nie vergessen.

Aber auch diese Karte hätte es m.E. nicht gegeben, hätte Arsenal nicht von Beginn an Zeit geschunden. Danach kam bald der zweite Treffer für Barcelona nach einer absolut grandiosen Filetierung der Arsenal-Zentraldefensive, die Xavi abschloss, und schließlich musste Koscielny dem Tempo Tribut zollen, er verursachte einen Elfer (für das Foul hätte er auch Gelbrot sehen müssen, aber da plagte Busacca dann doch schon ein wenig das schlechte Gewissen wegen van Persie), den Messi verwandelte.

Spät hatte Nicklas Bendtner noch die Chance, sich als der Klassestürmer zu erweisen, für den er sich hält, aber er nahm eine Hereingabe von Wilshere mit wenig Feingefühl an und konnte dadurch von Mascherano noch an einem Abschluss gehindert werden, der Arsenal weitergebracht hätte - aber um welchen Preis? Um den Preis, wie eine schlechte Kopie von Inter Mailand dazustehen. Nein danke. Das war ein ehrenwerter Versuch mit einigen ehrlosen Einlagen, und ich behaupte jetzt einfach einmal, dass die Sache mit ein wenig mehr "no nonsense" vielleicht eher gut ausgehen hätte können.

Samstag, März 05, 2011

Direktabnahme

Wenn man über Patrick Eberts neuen Look ein wenig nachdenkt, dann könnte man meinen, er wolle Hansi Hinterseer Konkurrenz um den Mr. Moonboots machen. Zum Glück hat das neuerdings ein wenig geckenhaft wirkende Auftreten des Hertha-Idols aber keine Auswirkungen auf sein Spiel: Er ist motiviert, konzentriert und geschärft aus der Verletzungspause zurückgekommen, und tritt nun zum Beispiel Cornerkicks, die man in Berlin über viele Jahre der konsequenten Verschlampung dieses wichtigen Instruments nicht gesehen hat.

Gegen den FSV Frankfurt an einem nasskalten Freitagabend war Ebert gestern auch an dem wichtigen frühen Ausgleich beteiligt, als Verwerter eines Schlenzers von Rukavytsya von der linken Seite, den er per Direktabnahme ins Tor einsandte. Davor war Frankfurt bald nach Spielbeginn in Führung gegangen, da hatte Hertha sich noch nicht sortiert gehabt (wie sie alle stimmen, die Fußballerformulierungen!), und Aerts brachte gleich wieder das Publikum gegen sich auf, das ihn dann 90 Minuten lang mit Argwohn verfolgte.

Hubnik sorgte noch vor der Pause für die 2:1-Führung, und in Halbzeit zwee konnte man schön sehen, dass Hertha gut damit zu tun hat, in der momentanen Phase der Liga selbst die innere Spannung aufrecht zu erhalten: Das Spiel ging bei mäßig gefährlichen Frankfurter Bemühungen so dahin. Man konnte sich also in Ruhe an kleinen Feinheiten delektieren wie den "Freistoßtricks", auf die Rukavytsya und Ebert sich geeinigt haben: Je nachdem, ob der ruhende Ball links oder rechts liegt, stehen sie beide zum Anlauf bereit, und während alle rätseln, wer von ihnen wohl treten wird, wissen sie schon, dass es immer der ist, der den Ball zum Tor zirkelt - nach der mathematisch notwendigen Mindestmenge von drei Freistößen wussten wir es auch.

Die Causa der beiden ist jedoch aufschlussreich für die Formationsfrage, vor der Coach Babbel für die restlichen Saisonspiele - und wohl auch, wenn man das optimistische Szenario eines gelingenden Wiederaufstiegs annimmt - für die kommende Saison steht. Hertha spielt jetzt wieder ein klassisches 4-4-2, mit zwei Flügeln, zwei Stürmern und zwei Mann in der Zentrale. Gestern musste Raffael fast eine Stunde (und Ronnaldy fast das ganze Spiel) auf einen Einsatz warten, weil Lustenberger neben Niemeyer begann - ich schätze den Leiharbeiter aus Bremen sehr, halte den Schweizer Schlaks aber für den besseren Fußballer.

Gegen stärkere Mannschaften und für die Zukunft halte ich nach wie vor eine Doppelspitze mit Raffael und Ramos bei Doppelsechs mit Lustenberger und Niemeyer für überlegenswert. Die Integration der jungen Begabten (Lasogga, Schulz, Djuricin) wird ein interessantes Kapitel, zumal Schulz (wie auch Ebert!) seinen nächsten Vertrag noch nicht unterschreiben will, was aber eine andere Ebene der Integration anbelangt.

Beim jetzigen Tabellenstand kommt Hertha jedenfalls um Planspiele für Liga eins nicht herum, dabei zeichnet sich ab, dass offensiv das Personal für einen Klassenerhalt oben vorhanden ist (bei Patrick "Helios" Ebert würde ich mich sehr freuen, wenn er bliebe - er verkörpert für mich auch die vielen Auf und Abs, die ich mit Hertha schon erlebt habe), während defensiv noch fast alles offen ist. Immerhin arbeitet Hubnik doch deutlich an seiner Qualifikation für die nächsthöhere Ebene, nicht zuletzt mit Toren und Torvorlagen.

Montag, Februar 28, 2011

Talisman

Ein wenig zu früh haben die Spieler des Arsenal FC sich darauf gefreut, am Sonntag nach sechs Jahren endlich wieder einmal "Silberzeug" in die Höhe halten zu können. Sie waren die Favoriten für das Carling Cup-Finale 2011 gegen Birmingham City, bekamen das Match aber nie in den Griff und verloren am Ende nach einem sagenhaften "howler" (Bild) von Koscielny und Sczeszny mit 1:2.

Es hat sich gerächt, dass Arsène Wenger diesen zweiten englischen Cupbewerb immer als Nebensache abgetan hat, ihn in dieser Saison nun aber plötzlich zu einer wichtigen Sache erklärt hat, zum Sprungbrett für drei mögliche weitere Titel. Da hätte er sich doch besser an den Leuten beim deutschen BVB orientiert, die sich hartnäckig weigern, eine Favoritenrolle zu übernehmen, die sie dem Tabellenstand nach längst haben.

Es rührt an die tiefsten Geheimnisse des Fußballs, dass in einem Match nicht einfach zwei Mannschaften gegeneinander antreten, sondern zwei Rollen zu vergeben sind. Arsenal ist eigentlich an die Favoritenrolle gewöhnt, sie müssen sich schließlich Woche für Woche in der Premier League mit Team wie Birmingham auseinandersetzen, die bestens darauf eingestellt sind, einen der großen Clubs zu ärgern.

In einem Finale spitzt sich die Sache dann noch zu, aber es hatte schon auch ein Moment von Fatalität, wie Lee Bowyer nach wenigen Sekunden schon auf Sczeszny zulief - der Keeper hätte eigentlich streng genommen vom Platz gemusst, und Birmingham einen Elfmeter bekommen müssen (eine verschärfte Wiederholung des Lehmann-Dramas aus dem CL-Finale 2006), aber eine falsche Abseitsentscheidung verhinderte das. (Hätte Arsenal mit zehn Mann und bei 0:1 nach vier Minuten noch eine Chance gehabt? Ich glaube, ja, und für mein Gefühl hat das Schicksal sich gestern einen grausamen Spaß mit Sczeszny gemacht, der in der vorletzten Minute dann ja doch noch draufzahlte.)

Ohne den Talisman Fabregas ist Arsenal eine ganze Klasse schwächer, daran ist leider nicht zu rütteln, so sehr ich Nasri und Arshavin gern in die Verantwortung rufen würde. Nun steht ein FA-Cup-Spiel gegen Leyton Orient an, für das Wenger hoffentlich eine Zweit- bis Drittelf nominiert, denn Spieler wie Song, Clichy, auch Sagna wirken allmählich doch erschöpft vom dichten Terminkalender, und die aussichtsreichste Konkurrenz läuft ja noch zweieinhalb Monate: Arsenal ist der erste Verfolger von MeanU in der Premier League.

An Barcelona will ich gar nicht denken. Am Abend sah ich dann noch, wie Coach Babbel im Sportplatz des RBB darüber philosophierte, wie lange es dauert, einer Mannschaft wie Hertha die Gewinnermentalität beizubringen, die sich auch über Widerstand hinwegsetzt - jener Widerstand, der in Liga zwee manchmal einfach gar nicht da ist, der in England aber die erste Qualität des Systems ausmacht. Wer dort etwas gewinnen will, muss wirklich Gigantisches leisten. Der Carling Cup wäre da tatsächlich nur eine Abkürzung gewesen.

Samstag, Februar 26, 2011

Vergnügungsgelände

Wichtiger Sieg heute für Hertha: 5:0 bei Alemannia Aachen. Es war eines jener Spiele, die mir Liga zwee so schwer begreiflich machen: Schon wieder liefert sich ein Gegner wie zuletzt der KSC mit Horuck der offensiven Gefährlichkeit von Hertha aus. Die fünf Tore waren sehr attraktiv, gehören aber aus der Perspektive Aaachens alle in das Genre "schöner Tod".

Als Geschichte in der Geschichte hat mich natürlich der Auftritt von Shervin Radjabali-Radi interessiert, der im Winter von Hertha nach Aaachen ausgeliehen wurde, obwohl es auf der Position von Kobiashvili für meine Begriffe durchaus ein wenig Konkurrenz gebrauchen könnte (Schulz sehe ich dort nicht wirklich).

Bei Aaachen spielt Radjabali-Radi im Mittelfeld, in den Szenen, die er hatte, deutete er auf jeden Fall an, dass er zu Unrecht abgeschoben worden sein könnte - ich kann mich noch gut an seinen Auftritt in Riga gegen Ventspils erinnern vor etwas mehr als einem Jahr, das war das einzige Mal, dass Funkel ihm eine Chance gab, und sein Auftritt war eigentlich vielversprechend - trotzdem will Hertha ihm anscheinend keine richtige Chance geben.

Aaachen hat eine Kaufoption, er ist also, wenn er nicht vollständig stagniert, so gut wie weg. So richtig Einfluss konnte er auf das Spiel am Tivoli heute nicht nehmen, dazu ging Hertha zu schnell und zu einfach in Führung: Zuerst ging Ramos weit auf den rechten Flügel und schlug eigentlich eher auf Verdacht den Ball hoch zurück an den Elferpunkt, wo Lustenberger des Wegs kaum und mit einer technischen hochwertigen Direktabnahme das Netz fand, wie die Engländer gern sagen.

Das zweite Tor besorgte Ramos nach einer halben Stunden nach Ecke von Rukavytsya per Kopf, und schon drei Minuten später schloss Lasogga die schönste, allerdings auch bemerkenswert ungestörte Kombination des Tages souverän im Stile eines großen "Knipsers" ab.

Nach der Pause konnte Rukavytsya bei einem Konter das ganze Feld und die ganze Schrumpfdefensive von Aaachen überlaufen, bevor er kühl einschob. Und schließlich konnte sogar der sonst ja offensiv nicht so häufig auffällige Lell nach Kabinettstück von Patrick Ebert am rechten Flügel sich durchsetzen und Ramos eine mustergültige Vorlage in den Fünfmeterraum geben. Das sah alles sehr gut aus, aber auch ein wenig nach Trainingsspiel.

Und das alles ohne Raffael, der wegen einer Wadenverletzung pausieren musste, und ohne Ronny, der auf der Bank blieb. Der Tivoli zu Aachen erwies sich als Vergnügungsgelände für Hertha, das ist umso bemerkenswerter, als Alemannia im Hinspiel im Olympiastadion ja recht humorlos und geschickt die Spiellaune von Hertha erlahmen ließ.

Für den Moment bin ich also die kleine Unruhe los, die ich wegen der relativen Underperformance in der Rückrunde verspürt hatte. Nun zeichnet sich auch schon ein wenig der Frühling ab, das wird der Spielfreude allgemein gut tun, und damit den Aufstiegschancen für die offensiv doch phasenweise sehr erfreuliche Spitzenmannschaft von Liga zwee.

Was Shervin Radjabali-Fardi anlangt, so finde ich seine Personalie umso schwieriger zu verstehen, als nun auch Gerüchte kursieren, dass Sofian Chahed zurückkehren soll, mit dessen Grenzen wir doch eigentlich gut vertraut sind. Aber gut, das sind nicht alles nicht die Personalien, an denen sich die aktuelle Saison entscheidet.

Dienstag, Februar 22, 2011

Bisswunde

Gegen Energie Cottbus hat es am Montagabend im Olympiastadion nur zu einem 2:2 gelangt, das schon zur Pause erreicht worden war - die zweite Halbzeit lief dann langsam aus, vermutlich war es den Brasilianern zu kalt, es war jedenfalls kein erquickliches Spiel.

Dabei hatte es sehr gut begonnen, mit einem langen Sushi-Pass von Ronny hinter die Lausitzer Innenverteidigung, auf Andeutung von Lasogga, der dann auch dort war, wo er sich den Ball vorgestellt hatte - ein sehenswerter Führungstreffer, den Hertha aber nicht zu behaupten wusste.

Zweimal Durcheinander nach Eckbällen ergab einen Rückstand, den Hubnik kurz vor der Pause seinerseits nach einem ruhenden Ball und Durcheinander im Strafraum von Energie ausgleichen konnte. Das war es dann weitgehend, aus der zweiten Halbzeit ist vielleicht noch zu berichten, dass Keeper Aerts zunehmend dünnhäutiger auf nicht immer optimale Rückpässe reagierte, und Petersen hatte noch sehenswerte Schussgelegenheiten.

Die Hertha-Defensive hielt halbwegs, stabil ist sie sicher nicht. Das mag auch an Niemeyer liegen, aus dessen Zweikampfverhalten man schließen kann, dass er nicht hundertprozentig auf der Höhe ist. Eine Viertelstunde vor Schluss kam Lustenberger an seine Seite, aber auch das brachte nicht mehr Struktur.

Cottbus hatte gestern eindeutig die modernere Spielanlage, sie machten Hertha das Leben sehr schwer, indem sie das kleinteilige Passspiel viel besser anlegten als die dagegen dann in manchen Zweikampfsituationen übermotivierten Berliner (Ebert!). Cottbus hatte den Biss, aber auch die Technik, die Hertha gestern nicht fand - man muss mit dem Remis zufrieden sein unter diesen Umständen (immerhin ist Energie im Olympiastadion traditionell ein Angstgegner).

Was Babbel (der laut Berliner Tabloiden Derby einfach nicht kann) aber sicher auffallen wird, ist Folgendes: Hertha hat wie in der Hinrunde auch vier leichte Siege geschafft, hat aber in den beiden umkämpften Partien jeweils einen Grad schlechter abgeschnitten als im Herbst - gegen Union reichte es in der Försterei noch zu einem Remis, im Olympiastadion ging das Match verloren; gegen Cottbus gab es im Herbst einen hart erkämpften Sieg, nun reichte es nur zu einem Remis.

Aachen, wohin Hertha am Samstag fährt, brachte in der Hinrunde erst den ersten deutlich wahrnehmbaren Rückschlag mit einem tor- und freudlosen Remis vor heimischem Publikum; in der Rückrunde setzten die Rückschläge früher ein. Dominanz ist das nicht, was Hertha erkennen lässt, denn die cleveren Gegner, die kommen nun erst alle.