Montag, September 02, 2013

Frustrationstoleranz

Die Niederlage in Wolfsburg war auch deswegen so bitter, weil sie durch nur zwei Aussetzer knapp hinter einander und unmittelbar vor der Pause bedingt war (ich addiere so: Ben-Hatira und Langkamp teilen sich das erste Gegentor, Brooks hat das zweite für sich allein). Gegen Nürnberg war der Rückschlag vor der Pause noch verarbeitbar, gegen Wolfsburg nicht mehr.

Gestern kam dann noch die Nachricht, dass Alexander Baumjohann fast die ganze restliche Saison wegen einer schweren Knieverletzung ausfallen wird. So brutal ist Fußball: Er hatte sich in Berlin gut eingeführt, es ist ja hier irgendwie auch seine letzte Chance, mit seinem Talent doch einmal ordentlich zu wuchern. Und nun das. Sein Auftritt beim RBB vor einer Woche hat mir gut gefallen, er präsentierte sich auf eine professionelle, aber nicht arrogante Weise; ohne Zweifel zählte er in dieser frühen Phase der Saison zu den spannendsten Herthanern.

Nun folgt eine Länderspielpause, während Luhukay und Preetz mit den verbliebenen Spielern sich neu sortieren müssen. Dazu gehört auch eine Personalie. Pierre-Michel Lasogga, der "Bär", wie ich ihn gern genannt habe, wird an den HSV verliehen, allerdings ohne Kaufoption. Im Gegenzug kommt ein norwegischer Spieler, Per Skjelbred, ein Offensiv-Allrounder. Ich sehe das Manöver mit gemischten Gefühlen, denn Lasogga ist für mich nicht nur ein exzellenter Stürmer, er ist auch eine wichtige Identifikationsfigur. Andererseits führt für ihn an Adrián Ramos derzeit kein Weg vorbei, allerdings habe ich ihn immer als Nummer zwei im Angriff gesehen und nie als Nummer vier, wie er zuletzt mehrfach tituliert wurde. Denken wir kurz einmal den Worst Case durch, wie es ja Aufgabe des Managements ist: Adrián Ramos fällt (so wie Baumjohann) für den Rest der Spielzeit aus.

Dann wäre für meine Begriffe Allagui der einzige verbliebene Qualitätsstürmer. Sandro Wagner ist auch noch da, der Kicker berichtete sogar, dass sein Vertrag verlängert werden soll. Worauf diese Entscheidungen fußen, ist nicht leicht nachvollziehbar, jedenfalls nicht für jemand, der nicht nach Trainingsleistungen oder Kabinenstimmungsfaktoren gehen kann, die ich ja nicht beobachte. Die Wahrheit auf dem Platz rechtfertigt eine Vertragsverlängerung eigentlich nicht.

Andererseits kann man Lasogga die Möglichkeit, sich eine Spielzeit lang in Hamburg zu präsentieren, nicht versagen. Ich hoffe, er schafft dort den Durchbruch, allerdings wird er danach weg sein, sofern es Hertha gelingt, mit Ramos zu verlängern. Mit einem der beiden wird der Club (einiges) Geld verdienen, das kann man mit ein bisschen Optimismus annehmen.

Für Baumjohann gibt es im Kader natürlich direkten Ersatz. Ronny kann nun den Beweis antreten, dass er ein Erstligaspieler der gehobenen Klasse ist. Immerhin haben wir damit auch ein Thema vom Tisch, das mir immer als verfehlt erschien: Die Doppelzehn, die ja auch in Wolfsburg (wo Baumjohann zu einem vazierenden Außenspieler wurde) wenig brachte.

Nach der Länderspielpause kommt der VfB Stuttgart, der nach der Entlassung von Bruno Labaddia am Sonntag gleich einmal Hoffenheim mit 6:2 nach Hause schickte. Die Grundlagen für ein drittes erfolgreiches Heimspiel sind vorhanden, doch nun muss Luhukay zum ersten Mal in dieser Saison daran arbeiten, dass Enttäuschungen die Motivation nicht verderben. Die nach wie vor vorhandene Dichte im Kader (Ndjeng, van den Bergh, Niemeyer halten die Spannung hoch, Mukhtar ist eine interessante Wild Card) sollte dazu beitragen. Und wenn das eine Saison wird, in der das Olympiastadion eine Festung wird, während die Auswärtsfahrten sich schwierig gestalten, dann wäre das ein brauchbarer Weg.

PS Die großartigen Fans lange nach dem Spiel

Keine Kommentare: