Donnerstag, August 29, 2013

Millionendomino

Wir nähern uns der entscheidenden Phase der Transferperiode dieses Sommers. Selbst bei Hertha, wo die wesentlichen Entscheidungen erfreulich früh fielen, könnte sich noch etwas tun. Man liest von möglichen Abgängen von Hubnik oder Ben Sahar, und von einem Interesse an dem Ingolstädter Offensivspieler Caiuby. Unabhängig davon konnte man in den ersten drei Saisonspielen den Eindruck gewinnen, dass Hertha gut aufgestellt ist, wobei vor allem die Balance im Kader interessant erscheint: Sehr viele Spieler können füreinander nicht nur auf dem Platz, sondern auch positionell einstehen. Ohne große Worte hat Jos Luhukay also die Idee von Lucien Favre, auf "polyvalente" Spieler zu setzen, eingelöst - wie überhaupt auffällt, dass Luhukay vieles von dem tut, was Favre seinerzeit vorhatte und wozu er ansetzte, was er sich aber durch eine ungeschickte Politik verdarb. Konzepttrainer sind oft dann am besten, wenn sie wenig von ihren Konzepten reden.

Das Transferdrama, auf das meine Augen besonders gerichtet sind, ereignet sich in London. Arsenal hat nur noch bis nächste Woche Zeit, einen dünnen Kader so weit zu verstärken, damit zumindest die Wahrung der aktuellen Position eines CL-Teilnehmers in Reichweite bleibt. Von einer Rückkehr in die Reihe der eigentlichen "contenders", also der Mannschaften, die um die Titel spielen, wagt man sich inzwischen ja kaum mehr eine Vorstellung zu machen, und das ist im Grunde ein Skandal, denn die geschäftlichen Faktoren sehen Arsenal weiterhin unter den europäischen Topclubs. Doch die Leistungen sprechen derzeit eher für eine Einordnung in der erweiterten Spitze, mit prekärer Nähe zum oberen Mittelfeld.

Die vergangene Woche brachte ein wenig Erleichterung, nachdem Fenerbahce und Fulham sich als schwache Gegner erwiesen. Zudem hat Wenger nach wie vor eine fähige erste Elf, wobei er aktuell davon profitiert, dass Aaron Ramsey seine interessante Entwicklung aus der letzten Saison fortsetzt. Ich sehe ihn vom Typ und vom Talent her fast auf einer Ebene mit Fabregas (einstmals die Nummer 4 bei Arsenal, und ein tolles Paar mit Mathieu Flamini, damals Nummer 16, der heuer als "freier Agent" zurückkehrte nach einer mäßig erfolgreichen Zeit bei Milan).

Heuer setzt Ramsey das Spiel wegen der Verletzung von Arteta von weiter hinten an, in einer flexiblen Partnerschaft mit Wilshere. Technisch und in den Zweikämpfen hat er sich noch einmal verbessert, seine taktische Intelligenz ist ohnehin in Ordnung, sein Auge ist manchmal brillant, alles Faktoren, die seinen größten Nachteil, die mangelnde Antrittsschnelligkeit, aufwiegen können. Giroud ist ein Angreifer mit enormem Potential, die Spielfreude von Cazorla wog zuletzt schon wieder seine Erschöpfung von einem langen Sommer auf. Mertesacker füllt seine derzeitige Leader-Rolle gut aus, Sczeszny würde ich ohnehin nicht zurückstufen.

Und dann zeigt Arsenal sogar neuerdings wieder so etwas wie ein planvolles Spiel gegen den Ball. Es gibt also keinen Grund, vor dem Derby gegen Tottenham am Wochenende Trübsal zu blasen. Doch auf Sicht einer langen Saison mit vier Bewerben ist der Kader auf eine schockierende Weise lückenhaft. Die internen Probleme, die dazu führten, dass Arsenal in diesem Sommer noch keinen wesentlichen Transfer zuwegebrachte, werden in den Berichten immer nur angedeutet. Sie sind aber offensichtlich.

Nun hängt nach Meinung fast aller Beobachter alles an Real Madrid. Dort soll, in bewährt großspuriger Manier und gegen jegliche taktische Überlegung, Gareth Bale verpflichtet werden, für eine ungeheure Summe, die es mit sich bringt, dass ein paar Spielern die Tür gewiesen werden könnte. Da zudem ein Gebot für Liverpools Luis Suarez im Raum steht, könnten Benzema, Di Maria, sogar Özil in Madrid disponibel werden. Arsène Wenger, der Mann mit dem letzten Wort bei Arsenal, steht unter dem Druck, einen "großen Namen" bringen zu müssen. Ich hoffe stark, er bleibt sich zumindest in dieser einen Hinsicht treu und überrascht uns alle am Montag noch mit drei, vier klugen Einkäufen in der mittleren Preisklasse und für Positionen, auf denen Arsenal wirklich Bedarf hat. Äquivalente zu dem Hosogaj-Transfer von Hertha, wenn man so will.

Denn die Grundlagen für eine große Kampagne wären ja eigentlich immer noch gegeben bei Arsenal. Es müsste nur einfach besser gearbeitet werden. Ich bin gespannt.

PS Nach der Auslosung: Schöne, schwere Gruppe für Arsenal, dieses Mal wird es nicht reichen, mit einer in den Winter hinein kraftloser werdenden Leistung den zweiten Platz mitzunehmen; es wird in allen Spielen um alles gehen. Keine Todesgruppe, aber doch eine echte Herausforderung.

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