Dienstag, April 09, 2013

Säulenheilige





























Nach längerer Abwesenheit bin ich gestern in mein Fanleben zurückgekehrt, der Anlass war ein passender: Topspiel der zweiten Liga, der "title clincher", der zugleich auch in der Premier League stattfand, dort allerdings schon seinen Sinn verloren hatte, weil der Rückstand von City auf United längst zu groß war. Hertha gegen Braunschweig, das war schließlich ein einseitiges Spitzenspiel, auch wenn man sehen konnte, warum die Blaugelben so weit vorn stehen. Doch Hertha ist für diese Liga eine Nummer zu groß, das gilt auch für das Olympiastadion, das eine Berliner Zeitung am Montag wieder einmal (unrealistischerweise) zur Diskussion stellte. Drei gelbe Karten für die Eintracht nach vierzig Minuten waren der deutlichste Hinweis auf die Schwierigkeiten, die Hertha dem Gegner machte. Es spielte im Grunde die Idealelf, die Coach Luhukay für sich in diesen Wochen herausmodelliert hat, also eine idiosynkratische Selektion, mit Old Boy Kobi links hinten, Allagui rechts vorn, Schulz statt Ben-Hatira, Brooks statt Franz oder Janker, Lustenberger statt Hubnik. Schon bald hieß es auch: mit Morales statt Niemeyer, der Kapitän musste verletzt hinaus.

Vor dem Spiel wurde bekannt gegeben, dass Ronny seinen Vertrag bis 2017 verlängert hat, es fiel das Wort "Liebe", die bekam er auch zurück von den knapp 40000 (grob geschätzt waren doch 10000 Anhänger von Braunschweig da, siehe Bild). Wenn nun auch noch Lustenberger unterschreibt, dann sind die beiden Säulenheiligen dieser Aufstiegssaison gebunden, und Luhukay könnte sich ohne allzu großen Druck an das weitere Team Building machen.

Zum Spiel gibt es so viel nicht zu sagen. Herthas Kompaktheit war hinreichend, auch wenn es die zwei, drei Aussetzer gab, die einen etwas anderen Spielverlauf immerhin denkbar erscheinen ließen. Ronny besorgte vor der Pause mit einem Freistoß die Führung (davor hatte er zweimal aus großer Distanz die Mauer nicht überwinden können, eine seltene Erfahrung). Ein Braunschweiger hatte das gemacht, was man instinktiv macht, wenn man sich einem Schuss von Ronny ausgeliefert sieht, er drehte sich ein wenig weg, der Ball wurde abgelenkt, der Keeper sah nicht gut aus. 1:0 zur Pause, ansprechende Pausenunterhaltung (man verzichtet inzwischen auf dumme Spiele und setzt auf Publikumsbindung durch Bild und Ton), anziehende Temperaturen und schließlich eine ungefährdete zweite Halbzeit, in der eine überragende Einzelleistung von Adrián Ramos den Höhepunkt markierte: er ließ Dogan stehen, obwohl er den deutlich längeren Weg hatte, und lupfte den Ball ins kurze Eck.

Ramos, den Luhukay sinnvollerweise auf seine beste Position zurückversetzt hat (zum Leidwesen von Lasogga), ist ein weiterer Säulenheiliger, der die Perspektive auf Liga eins aufhellt. Aber auch Allagui und Pekarik harmonierten gestern nicht schlecht.

Wenn ich richtig gerechnet habe, braucht Hertha nun aus fünf Spielen noch fünf Punkte, um sicher Platz eins oder zwei zu erreichen. Das bedeutet, dass nunmehr im Grunde Planungssicherheit besteht, auch für Fabian Lustenberger, der für seine Vertragsverlängerung hoffentlich nur noch auf den Moment wartet, an dem sich diese bestmöglich verkünden lässt - etwa dann, wenn auch theoretisch alles klar ist? Das wäre dramaturgisch in Ordnung. Der 21. April, wenn Sandhausen an einem Sonntagnachmittag (dann vielleicht sogar schon im Frühling? ich will nichts verschreien) zu Gast sein wird, wäre der designierte Termin. Der Fußballgott kann sich ja derweil um andere Dinge kümmern, Hertha ist in der Lage, das alles selbst auf die Reihe zu bekommen.


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