Samstag, November 13, 2004
Arena auf Falko
Das war ein langer Nachmittag vor der Kiste. Die erste Halbzeit von Tottenham-Arsenal habe ich glatt verpaßt. Ich rechne ja nicht damit, daß man auf der Insel ein Match zur Mittagsstunde, Greenwich Time, anpfeift. Zur Pause stand es 1:1, die zweite Halbzeit verlief dann nach dem Muster eines Tennisspiels - zuerst brachte Arsenal den Aufschlag zum 2:1 durch, dann schaffte es das Break zum 3:1, und dann servierten sie aus. Endstand 5:4. Fast so ein Ergebnis, wie ich es als kleiner Junge manchmal gewürfelt habe, wenn ich an langen Tagen eine lange Saison in der 1. Klasse Ost, Oberösterreich, durchgespielt habe. Mit Mannschaften wie Sipbachzell oder Großraming. Mein Lieblingstor von Arsenal London heute war das zum 4:2, bei dem die junge spanische Hoffnung Fabregas einen Intuitionspaß spielte, und der von mir hochverehrte Energetiker Ljungberg aus kurzer Distanz im Strafraum vollstreckte. Arsenal spielt immer noch volatil wie die Börsen nach einem Attentat (die Niederlage gegen Manchester United neulich hatte ja ein wenig diesen Anschein), aber die Grundqualität ist immer noch phantastisch. In der Arena auf Schalke war ich dann doch nicht selbst dabei, obwohl die Fanreise dorthin ansteht - im Moment gehen andere Dinge vor. Aber selbst im Fernsehen waren die 2300 Berliner Fans gut zu hören - sie müssen sich mit ihrem Liedgut auch gar nicht verstecken (jetzt muß nur noch die Frank-Zander-Hymne aus dem Verkehr gezogen werden - schließlich ist in vielen Jahren Bundesliga noch nie ein Team zum Titel GESEGELT). Ich hatte schon letzte Woche gegen Bremen ein ganz gutes Gefühl hinsichtlich der physischen Präsenz der Mannschaft: Falko Götz konsolidiert sie, wie gesagt, von hinten heraus. Simunic, dessen Künstlernamen Harakiri-Jo ich hiermit widerrufe, bis er mir Grund zum Widerruf des Widerrufs geben wird, entwickelt allmählich jene Präsenz, zu der er das Zeug immer schon hatte. Kovac, gegen den ich mich lange gesträubt habe, wächst mit der Mannschaft. Für Thorben Marx ist im Moment leider kein Platz, weil wir zu viel Mittelfeld haben - und Christian Müller hat heute hinten so souverän gearbeitet, abgesehen von der Pander-Flanke, die Fiedler (unser Rückhalt gegen Tim Wiese) passieren ließ, daß Oliver Schröder auch gleich besser ausgesehen hat. Es war ein Match, das zu unseren Gunsten verlief, aber eben nach Plan. Hertha vergeudet immer noch eine Menge Bälle, und von Simunic erwarte ich mir in der Zukunft auch noch mehr Spieleröffnungen. Er wird heute ein wenig Mut dazu gefaßt haben. Im letzten Jahr hätten wir beinahe Ralf Rangnick bekommen, der zweifellos ein relativ intellektueller Trainer ist, und gut in eine Liga paßt, die immer systematischer wird, wie Christoph Biermann heute in der Süddeutschen schrieb. Schalke war einmal eine Mannschaft wie ein Muskel, das war in dem Jahr, als sie den Titel in der letzten Minute hergeben mußten. Ebbe Sand, der Aufrechte, war damals schon dabei, er ist immer noch da, und Rangnick ist jetzt eben dort. Das ganze Unglück der neueren Hertha begann mit Huub Stevens - nicht, weil er aus Schalke kam, sondern weil er die Hertha nicht dort abholen wollte, wo sie damals stand - mit dem Kopf in den Wolken, aber mit schweren Beinen, und einem Kader zwischen den Zeiten. Jetzt wächst sie gerade ein wenig zusammen.
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