Sonntag, Juni 10, 2012

Sindbad der Busfahrer




























Um 6:08 bin ich heute morgen nach Rzeszów zurückgekommen, von einem knapp sechzehnstündigen Ausflug in die Ukraine, und nun habe ich sogar noch eine kleine Mütze richtigen Schlaf bekommen, bevor es bald mit dem Bus zurück nach Berlin geht. Es kam alles ganz anders, als ich erwartet hatte, und das hat damit zu tun, dass weder Michel Platini noch ich sich so richtig gut überlegt hatten, was es bedeutet, ein großes Turnier abzuhalten, durch das hindurch die EU-Außengrenze verläuft.

Als ich am Samstagmittag vor dem Hauptbahnhof von Rzeszów auf einen jungen Mann aus Lublin traf, der als Freelancer für die Firma arbeitet, bei der ich einen Leihwagen reserviert hatte, konfrontierte er mich mit der Tatsache, dass bei Grenzübertritt in ein Land der ehemaligen Sowjetunion eine Gebühr von 500 Zloty zusätzlich fällig würde, und dass das Auto in der Ukraine nicht diebstahlsversichert wäre. Das erschien mir eine wenig einladende Kombination, die ich zum Anlass nahm, die Reservierung zu stornieren, und es auf andere Weise zu versuchen, nach Lwiw zu kommen.

Dabei machte ich gleich eine interessante Erfahrung mit zwei Deutschen, die auch bei derselben Firma reserviert hatten. Meine harmlose Frage, ob sie eventuell noch jemand mitnehmen könnten, beantworteten sie abschlägig - kein Problem. Was mich aber verwunderte, war, dass sie mich die ganze Viertelstunde, die wir dann noch dort herumstehen mussten, während einer von ihnen alle Papiere unterzeichnete, keines Blickes mehr würdigten und nicht einmal das allereinfachste gemeinsame Faninteresse mehr zeigten, das man in solchen Situationen auf Reisen doch kennt - man tauscht sich ein wenig aus. Es war, als hätte ich mich durch meine Frage für obdachlos und vogelfrei erklärt, und versucht, einen bestens geplanten Trip aus dem Gleichgewicht zu bringen.

Ich verfiel dann auf die einzige noch machbare Variante: Von Rzeszów nahm ich einen Zug nach Przemysl, wo ich um 16:20 ankam (17:20 ukrainische Zeit, also viereinhalb Stunden vor Anpfiff). Außer mir waren nur noch zwei junge deutsche Fans da, Ali und Kenny (Oliver und Kenneth aus Bremen), von denen Ali zum Glück ein Lahm-Trikot trug. Er kann auch Polnisch, und führte dann die Verhandlungen mit einem ukranischen Chauffeur, der anbot, uns für 250 Zloty (bisschen über 50 Euro) nach Lwiw (Lwow für die Polen) zu bringen. Wir prüften kurz, was dafür und dagegen sprach (die typische Argumentationskette, die da im Kopf abläuft, Indizien ad hominem – sieht er aus wie ein Verbrecher? – und ad rem – er hat eine Taxilizenz, wir können ja sein Kennzeichen nach Hause funken), und entschieden uns für die Fahrt.

Es war eine weise Entscheidung. Diese zwei Stunden auf der prächtig ausgebauten, von Gewitterwolken verhangenen Straße von Przemysl nach Lemberg werden mir in Erinnerung bleiben, es war einfach großartig. Zwei Stunden vor Anpfiff waren wir in Lemberg am Bahnhof. Ich spazierte dann noch eine Stunde durch die Stadt, die allem ersten Anschein nach super interessant ist, sah am Rande des Public Viewing, dass die Niederlande nicht als ein Team spielen, und kam schließlich ein paar Minuten zu spät in die Arena von Lwiw.

Zum Spiel habe ich eine Menge Material, das ich hier reinstellen werde, wenn ich wieder in Berlin bin. Das Stadion ist eines der besten, das ich bisher besucht habe, es liegt wie ein UFO (wir kennen die Metapher) an der äußersten Peripherie.

Um 2:02 ging ein Zug zurück nach Przemsyl, und wenn es noch eines Grundes bedurft hätte, diese kleine Reise zu rechtfertigen, dann könnte ich ihn in den Bahnhofsgebäuden dieser altösterreichischen Städte allein schon finden. Nicht auszudenken, was die Abteilung Stations and Services der DB dort anrichten würde, an Orten, an denen man die ganze Größe dessen sehen kann, was einmal öffentliches Gemeingut war, bürgerliche Infrastruktur, Verkehrswesen in jedem Sinn.

Die Grenzkontrollen verliefen ohne große Probleme, wir sahen zwar mehrere Hundertschaften Uniformierter und ein paar putzige Hunde, wurden aber mit zwei Stempeln entlohnt, und so konnte ich um 4:28 in Przemysl einen Regionalzug besteigen, der mich auf die harte Tour (nie hat ein Zug so gerumpelt wie dieser) nach Rzeszów zurückbrachte, wo ich jetzt, frisch geduscht und beinahe ausgeschlafen, auf den Sindbad-Bus nach Berlin warte.

Donnerstag, Juni 07, 2012

Ausflugsziel

Morgen beginnt die Euro 2012, für mich wird sie aber schon heute kurz nach Mitternacht beginnen. Da besteige ich nämlich am Funkturm in Berlin einen Bus und mache mich auf den Weg nach Rseszow in Südostpolen. Von dort aus sind es dann nur noch 120 Kilometer nach Lwiw (Lemberg), wo am Samstagabend Deutschland gegen Portugal spielen wird. Ich hatte mich in einem unbedachten Moment auf dem Uefa-Ticketportal um eine Karte beworben, und bevor ich noch so richtig begriffen hatte, worauf das hinauslief, war das Geld von meiner Kreditkarte abgebucht, und nichts mehr zu stornieren. Jetzt fahre ich also hin, und weil das logistisch gar nicht so einfach ist, bin ich auf eine Ausflugsvariante verfallen, in der vor allem Fernbusse vorkommen. So bin ich eigentlich schon lange nicht mehr gereist, mal sehen, ob ich das so genießen kann wie damals in der Türkei vor vielen Jahren.

Aus dem Hause Hertha gibt es derweilen interessante Nachrichten. Eine Folge meines Ausflugs nach Osten ist, dass ich am Sonntag das Rückspiel der U19 von Coach Tretschok gegen den FCB nicht sehen kann; gestern vergaben die jungen Herthaner kurz vor Schluss einen vielversprechenden Zwischenstand von 1:1 und kassierten noch zwei Gegentore. Die Begegnung findet am Sonntag um 11.00 im Amateurstadion statt.

Zweitens hat Tunay Torun einen Vertrag beim VfB Stuttgart unterschrieben. Damit bin ich einverstanden, ich hätte nicht versucht, ihn zu halten, und zwar aus einem bestimmten Grund: Ich wäre dafür, dass Änis Ben-Hatira eine Chance bekommt. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass er bei einem guten Trainer und unter kluger Anleitung etwas werden könnte - er scheint mir besonders unter dem mäßigen Coaching gelitten zu haben, das Hertha den Großteil der vergangenen Saison hindurch hatte (und da schließe ich Babbel mit ein, zumindest die letzten sechs Spiele der Hinrunde).

Die eigentlich Nachricht des Tages aber war dann doch, dass Hertha in aller Form das Kapitel "Bajuwarengenetik" schließt. Mit Christian Lell und Andreas Ottl wird nicht mehr geplant (zudem auch nicht mit Patrick "Petrick" Ebert und Andre Mijatovic). Damit endet eine der ärgerlichsten Verirrungen, die es in den Jahr für Jahr neu ansetzenden, konfusen Personalplanungen in Berlin gab. Ich meine natürlich Andreas Ottl. Seit Niko Kovac hat mich in Berlin kein Spieler so erbost wie der süddeutsche Phlegmatiker, von dem es ja auch Andeutungen gegeben hatte, dass er unter einem guten Trainer nicht vollständig unbrauchbar sein muss. Über Berlin (die Stadt) heißt es gelegentlich, dass hier mangelnder Leistungswille auf große Alimentierungsbereitschaft trifft - dass aber ausgerechnet ein gebürtiger Münchner das einmal so deutlich vorleben würde, muss ein wenig als Hohn erscheinen.

Bei Christian Lell ist die Sache ein wenig komplizierter, er hat ansatzweise gezeigt, dass er ein guter Fußballer sein könnte - doch dazu müssen viele Faktoren stimmen, persönliche und umfeldliche, und Hertha hat ihm 2012 sicher nicht das Umfeld geboten, das er gebraucht hätte. So wird er seiner Wege gehen, und vom Ende her wird auch alles nach mangelnder Identifizierung aussehen, wie schon bei Babbel und bei Ottl.

Wenn wir das Statement von Hertha richtig interpretieren, dann wird der Club bei allen außer den vier Genannten die "Option ziehen", sie also für den Kader in Liga zwee verpflichten, was bei den Verkäuflichen zugleich heißt: sie feilzubieten. Die für mich schlimmste Möglichkeit ist damit schon einmal ausgeschlossen: auf Andreas Ottl kann Hertha BSC nicht mehr sitzenbleiben. Mit dieser Erleichterung steige ich heute in den Bus.

Dienstag, Mai 29, 2012

Schlachtfest

Zur Mitgliederversammlung heute abend werde ich mit einem gewissen Unwillen gehen. Der Grund dafür ist recht einfach: Ich weiß nicht, was ich tun soll. Aller Voraussicht nach werden sich uns heute Alternativen stellen, die wenig verheißungsvoll sind. Immerhin muss man Präsident Gegenbauer zugute halten, dass er geschickt ein Gesamtpaket geschnürt hat, das wenigstens die Situation klärt: Stimmen wir mit absoluter Mehrheit für ihn als Präsidenten, dann bekommen wir auch Michael Preetz als Manager (und Ingo Schiller als Finanzchef, das nicht zu vergessen). Fällt Gegenbauer bei der Präsidentenwahl durch, dann muss irgendetwas eintreten, was bisher nicht absehbar ist, was sich als Entwurf weder persönlich noch inhaltlich bisher formiert hat, es sei denn, da gibt es am Abend noch eine Überraschung.

Vielleicht ein Wort zu Werner Gegenbauer. Da gibt es ja zwei Aspekte zu unterscheiden. Erstens hat sich Hertha BSC unter seiner Hand zu einem Club am Tropf entwickelt. Wenn man es ein wenig zuspitzt, dann muss man doch sagen, dass die finanzielle Situation so eskaliert ist, dass nur ein mäzenatisches Modell das Überleben sichert. Euphemistisch wird das als Investition einer unbekannten Person verkauft, de facto sind das Zuschüsse, ohne die es keine Lizenz mehr gäbe. Da Gegenbauer mit diesem Investor stärker "assoziiert" zu sein scheint als die restlichen Mitglieder des Präsidiums, müsste da also auch in dieser Hinsicht ein Gegenentwurf her. Vielleicht outet sich aber heute ja auch in dieser Hinsicht jemand, und alles ist ganz anders, als wir uns das mit unseren beschränkten Informationen bisher immer vorgestellt haben.

Zweitens ist Gegenbauer, wenn man ihn nicht zu sehr in die Defensive drängt, eigentlich ja ein guter Vereinspapa. Er neigt zwar zu drastischen Formulierungen (niemand will ein "Schlachtfest" mit Michael Preetz anrichten), und er steht für einen, sagen wir mal, nicht unbedingt stark auf Innovation und Kreativität basierten Wirtschaftszweig. Aber unter all den Figuren, die ich bisher in meiner Zeit als Hertha-Fan erlebt habe, ist er noch die am wenigsten peinliche. Von den anderen Mitglieder des Präsidiums kann ich derzeit keine mit einem interessanten Profil erkennen. Also auch hier: Mangel an Alternativen.

Nun zu Michael Preetz. Ihm halte ich eines zu Gute: Er ist nach wie vor ein Sympathieträger für mich, für Vieles, was, was Hertha um die Ohren schlug, kann er nichts. Er hat aber auch gravierende Fehler gemacht: die Entscheidungen für Funkel und Rehhagel ergaben zwei Abstiege, und in beiden Fällen gab es im Verein nicht ausreichend Fußballkompetenz, um die erratischen Kurse der Cheftrainer halbwegs abzufangen. Gegen Preetz spricht also meiner Meinung nach der begründbare Verdacht, dass Hertha einfach in vielen Bereichen den Anschluss verliert - beim Scouting ist man zu blauäugig, die U23 erweist sich für die meisten jungen Spieler als Sackgasse, von den Trainern im Nachwuchs (die ja ihrerseits eine Personalreserve für Hertha sein müssten, siehe Tuchel, sie Streich) drängt sich niemand auf.

Preetz müsste also im Grunde seinen Job neu definieren, um ihn zu behalten. Er wäre für mich ein guter Hertha-Manager, wenn er mit einem ausgewiesenen Sportdirektor und im Idealfall auch mit einem neuen Finanzdirektor aufwarten würde (meiner Skepsis gegenüber Ingo Schiller habe ich mehrfach Gründe beigestellt).

Kann die MV heute Bedingungen stellen? Nicht ausdrücklich, denn sie kann ja nur entweder ein Mandat zu- oder absprechen, und dieses betrifft das Präsidium. Eines aber ist sicher: Der neuerliche Gang in Liga zwee kann eben nicht zu den Bedingungen wie vor zwei Jahren stattfinden. Dass Präsident Gegenbauer das aber so formuliert hat, stimmt mich in hohem Maße bedenklich, und deutet darauf hin, dass hier die Lektionen des Alltags nicht begriffen werden. Es wird Zeit, in Kompetenz zu investieren, nicht immer weiter anonyme Zuschüsse zu versenken.

Sonntag, Mai 27, 2012

Otto-Show

Jetzt ist es schon wieder fast zwei Wochen her, dass ich in Bukarest in diesem Hotelzimmer saß und ungläubig die Ereignisse von Düsseldorf verfolgte. Als die Fans den Platz stürmten, dachte ich für einen Moment: Das war's, dieses Spiel wird mit 0:3 für Hertha strafverifiziert. Muss werden. Das war natürlich voreilig. Doch dann begannen diese langen zwanzig Minuten, an deren Ende die Mannschaft von Fortuna wieder auf dem Platz stand, während die von Hertha fehlte. Und ich versuchte mir vorzustellen, was in den Kabinengängen gerade erörtert wurde.

Wäre es klüger gewesen, Hertha wäre nicht wieder angetreten? Schiedsrichter Stark hätte seinen Bericht sicher so abgefasst, dass die Schuld für den Spielabbruch dann bei den Berlinern gelegen wäre. Wenn ich die Sache richtig überblicke, dann hatte Hertha damals keine Wahl - so oder so wäre die Sache gegen Berlin ausgegangen, und so ist sie nun auch ausgegangen.

Die zweite Instanz hat neuerlich einen Show-Prozess abgehalten, zu dem Hertha durch die Entsendung von König Otto seinen Teil beigetragen hat. Völlig unverständlich bleibt mir die Form des Verfahrens: Das ganze Brimborium mit den vielen Zeugen, wenn es doch einzig und allein darum gehen konnte, was im Stadion (und nicht in den Kabinengängen) vor sich ging. Und dazu gibt es Filmmaterial noch und nöcher. Die Herren Richter hätten sich eine AV-Kammer einrichten sollen, stattdessen machten sie auf "courtroom drama".

Ich bin in diesem Fall weniger Partei, als man meinen würde. Wenn Hertha den Abstieg verdient hat, dann steigt sie ab. Punkt. Aber das Spiel in Düsseldorf war für meine Begriffe so eindeutig irregulär, dass alle Bemühungen von Wolfgang Stark, den Anschein des Gegenteils zu erwecken, nicht entscheidend sein dürfen. Sind sie aber, denn vor allem zur Deckung dieses Tatsachenentscheids dient das Urteil in beiden Instanzen.

Der Fußball ist nicht gerecht, im Gegenteil dient ein großer Teil seines Apparats der Absicherung der absonderlichen Unwägbarkeiten, von denen das Spiel zum Teil begleitet wird. Governance würde hier aber eben auch bedeuten, dass man ganz genau unterscheiden kann, was Zufall und was höhere Gewalt, was sportlich ist und was unsportlich. Nicht nur unsportlich, sondern irregulär ist es, eine Nachspielzeit, in der ein einziges Tor über Gedeih und Verderb (nun ja, für Hertha kann das ja jetzt wirklich so gesehen werden) entscheiden kann, von Fanmassen belagern zu lassen, die sturmbereit an den Linien stehen. So einfach ist das, und so einfach hat der DFB das ignoriert.

Damit sollte dieses Kapitel geschlossen werden. Es gibt nun wichtigere Dinge zu tun.

Freitag, Mai 25, 2012

Abwärmrunde

Die Veranstaltung Hertha im Dialog 2012 fand in relativ entspannter Atmosphäre statt und hatte wenig von der kommunistischen Parteitagsstimmung, die angesichts solcher gelenkt demokratischer Veranstaltungen häufig aufkommt. Ich hatte den Eindruck, dass die meisten der über 600 Anwesenden sich mit dem Abstieg abgefunden haben. Zudem hat Michael Preetz mit der Bestellung von Jos Luhukay schon ein Faktum geschaffen, das die kommende Saison unabhängig davon bestimmen wird, ob der Geschäftsführer Sport und Kommunikation, wie die Funktionsbezeichnung gestern mehrfach in voller Länge genannt wurde, an dieser Position festhalten wird. Es spricht alles dafür, denn nicht nur hielt Präsident Gegenbauer dem wichtigsten Hertha-Angestellten neuerlich demonstrativ die Stange, es gab auch nur ganz wenige Einwände, die so solide begründet erschienen, dass sie nicht einfach als Wunsch nach einem "Schlachtfest" abgetan werden konnten.

Hertha macht also aus der Alternativlosigkeit des gegenwärtigen Personals ein Programm, das gilt ja auch seit langer Zeit für den Geschäftsführer Geld Ingo Schiller, der eigentlich eine Nebelwerferzulage verdienen würde, denn das macht er seit Jahren sehr gut, allerdings nur auf Grundlage anonymer Investoren, die jene Lücken schließen, die sich in der vorher verkündeten "Durchfinanzierung" gelegentlich ergeben. Ein Nebensatz von gestern sollte aufhorchen lassen: Hertha ginge auf gleicher Grundlage wie vor zwei Jahren in Liga zwee, hieß es da. Bedeutet das, dass man neuerlich einen relativ teuren Kader halten will? Mir graut vor dem Gedanken, dass Ottl hierbleiben könnte. Andererseits: Wer weiß, was Luhukay vielleicht aus ihm herausholen könnte!

Wie üblich gab es zuerst eine Fragerunde durch Axel Kruse, der sich zum Sprecher jener machte, die schon vorher ihr Wissbegehr schriftlich deponiert hatten. Dass es dabei nicht um öffentliche Evaluierung von Entscheidungen gehen würde, machte Kruse zum Beispiel so deutlich: "An Otto Rehhagel hat's nicht gelegen. Für mich eine Legende, der Mann." An Otto Rehhagel hat's aber doch gelegen, man müsste blind sein, das nicht (einzu)sehen. Die Entscheidung für Rehhagel ist diejenige, die Michael Preetz am meisten anzulasten ist, auch wenn er gestern auch dafür nachvollziehbare Gründe nennen konnte. Er hat aber eben die von Beginn an nachvollziehbareren Gegengründe nicht in Betracht gezogen.

Sachliche Argumente fanden natürlich nur in beschränktem Rahmen Platz, dafür waren die Anliegen der dann auch noch persönlich Stellung nehmenden Mitglieder zu divers, dazu schwimmt doch jeder Fan zu sehr im eigenen Süppchen. Immerhin war ganz bezeichnend, wie Präsident Gegenbauer das Profil des neuen Trainers definierte: Luhukay steht für "nach innen ganz strenge Disziplin, nach außen ganz wenig Glamour". Das ist zweifellos ein brauchbares Programm für einen finanziell und sportlich angeschlagenen Zweitligisten mit überstandiger Bayerngenetik, untermotivierten Lateinamerikanern, einigen verdienten Oldies und einer schwer einzuschätzenden Jugendgruppe.

Für heute steht der nächste Gerichtsentscheid über das Düsseldorf-Spiel an. Ich bin sicher nicht der Einzige, der hofft, dass damit endlich Klarheit geschaffen wird. Am kommenden Dienstag hingegen werden wir sehen, ob die Kritiker der gegenwärtigen Hertha-Führung sich gestern nur bedeckt hielten, oder ob sie aus Mangel an einem brauchbaren Gegenkonzept einfach nicht in Formation auftreten können.


Dienstag, Mai 22, 2012

Instanzenweg

Das DFB-Sportgericht hat sich gegen eine Wiederholung des Rückspiels zwischen Fortuna Düsseldorf und Hertha BSC ausgesprochen. In einem Verfahren, in dem es, nach allem, was ich so lesen konnte, nicht nur um die relevanten Fragen, sondern auch um eine Menge Unerfreuliches aus den "Katakomben" ging, endet die Begründung schließlich mit einem seltsamen Satz: "So viele Leute gehören nicht auf das Spielfeld." Hertha hätte aber nichtsdestoweniger ohne Beeinträchtigung des Spiel bestreiten können. Wieviele Leute gehören also auf das Spielfeld, damit es nicht zu viele sind, Herr Lorenz? Auf Wienerisch könnte man ihm die Antwort abnehmen: Ein bissl weniger Platzstürmer hättens schon sein dürfen.

Da der Rechtsweg nun einmal beschritten wurde, muss Hertha ihn auch zum Ende gehen. Das bedeutet allerdings eine längere Phase der Ungewissheit, die nur deswegen nicht so stark ins Gewicht fällt, weil heuer eine lange Sommerpause ist - für Mannschaften, die keine Nationalspieler haben. Das ist bei Hertha der Fall, sofern nicht Andreas Ottl noch nachberufen wird. Deswegen sollte man sich die ein, zwei Wochen nehmen, die es brauchen wird, um diesen Fall zu einem fairen und sachgerechten Ende zu bringen. Das nun vorliegende erste Urteil leistet dies nicht.

Parallel hat der Manager, der ja vor den beiden Versammlungen diese und nächste Woche an seiner Selbstverteidigung arbeitet, bereits einen neuen Trainer bestellt. Jos Luhukay ist eine gute Wahl angesichts der hohen Wahrscheinlichkeit, dass Hertha im kommenden Jahr zweite Liga spielen wird. Auch in der ersten Liga könnte er den Anforderungen dieses Clubs wahrscheinlich ganz gut gerecht werden, die ja einfach zu beschreiben sind: ein wenig mehr Leidenschaft und Verstand in den Überlebenskampf zu bringen.

Die Hoffnung auf Ralf Rangnick, die viele Fans nun enttäuscht sehen, habe ich nie geteilt. Ich schätze ihn, aber er ist keineswegs der Gesamtlöser, der Hertha vollkommen neu aufgestellt hätte. Im Gegenteil hätte er neue Einseitigkeiten gebracht, denn auch er hat viele blinde Flecken, wie sich in seinem bisherigen Arbeiten gezeigt hat. (Ich sehe ihn ein bisschen so wie Favre in seiner Berliner Zeit.) Was Hertha braucht, ist eine vernünftige Balance von Fußballkompetenz: derzeit fehlt sie an allen Enden, es wird nicht eine Person sein, die das im Handstreich beheben kann. Aber all das wird bei den Versammlungen noch ausführlich zur Sprache kommen.

Dass Levan Kobiashvili den Referee Wolfgang Stark in die Gefahr eines Genickbruchs brachte (was bei einem drohenden sechs Meter tiefen Sturz, auf den im Bericht verwiesen wurde, nicht auszuschließen ist), war vor dem DFB-Sportgericht auch Thema, obwohl es eigentlich nicht im strengen Sinn Verhandlungsgegenstand war. Ein tätlicher Angriff ist natürlich untragbar, was genau geschehen ist, macht aber auch eine genaue Rekonstruktion der Vorgänge im Kabinentrakt erforderlich, und gehört an einen eigenen Tisch. Die Verhandlungsführung des DFB-Sportgerichts erweckt ein wenig den Eindruck, es wäre vor allem darum gegangen, den Schiedsrichter zu bestätigen. Dabei muss das doch gar nicht sein: Stark hat das Nötige getan, um den Abend zu Ende zu bringen. Irregulär war er trotzdem. Da schließt das eine das andere nicht aus.






Montag, Mai 21, 2012

Schlechter Film

Als ich gestern aus Rumänien zurückkam, warf ich spätabends noch kurz den Beamer an und erwischte zwei markante Szenen aus der Wiederholung des CL-Finales vom Samstag: das doch mächtige Bild von Häuptling Hochroter Kopf (aka Uli Hoeneß), wie er von seiner Frau von hinten in den Arm genommen wird, während die Enttäuschung offensichtlich in ihm arbeitet wie das Erdinnere in einem Vulkan, und dann ein Interview mit Petr Cech, der am Tag nach dem Finale seinen 30. Geburtstag feierte. Allein damit könnte man sich lange beschäftigen: was diese beiden Figuren jeweils darstellen. Nur ein paar Worte zu Cech: Ich erinnere mich noch gut an eine Saison, in der er in der Premier League das absolute Maß aller "things goalkeeping" war. Eine Fingerspitzenparade (das Match habe ich längst vergessen) habe ich noch immer vor dem geistigen Auge, es war ein Akt höchster menschlicher Streckung, die entsprechende Zeitlupe erst machte ihn sichtbar.

Es folgte eine schwere Verletzung, es folgte die Stagnation des Chelsea FC in den letzten Jahren, und so hätte man beinahe schon vergessen können, dass Petr Cech einer der größten Torhüter der letzten Dekade ist. Munich 2012 hat das in Erinnerung gerufen, und im Interview konnte man dann auch den Menschen ein bisschen sehen, allem Anschein nach ein guter Typ.

Natürlich ist das Ergebnis vom Samstag nicht gerecht. Wie sollte es auch, wenn zwei Mannschaften davor alles unternommen haben, um sich auf die Entscheidungshöhe so eines Finales zu bringen, in dem es nur mehr eine von zwei Möglichkeiten geben kann? Die Möglichkeiten sind dabei unterschiedlich verteilt, aber auf der prinzipiellen Ebene eben nicht: Beide Ausgänge sind möglich, im konkreten Fall war das so bis zu letzten Sekunde, in der Drogba auf den Ball trat, und dabei eine so seltsame Haltung einnahm, dass er auch hätte wegrutschen können - aber er traf den Ball gut, Neuer war schon verladen, das war die Entscheidung.

Die Vorentscheidung war, dass Schweinsteiger den Ball so trat, dass er so an den Pfosten prallte, dass er entlang der Linie zurücksprang, und dabei den ganz kleinen Korridor fand, der zwischen Cechs Rücken und der Torlinie blieb - ein äußerst unwahrscheinlicher Weg, den der Fußball aber ohne Weiteres und jederzeit findet. Es sind diese Momente, die aus einem "schlechten Film" (Franz Beckenbauer) einen großartigen Film machen, der aber eben nicht immer leicht verkraftbar ist. In schlechten Filmen gewinnen immer die Guten, oder manchmal die Falschen. Darin hat der Vergleich des Gemeinplatzhirschen schon seine Grenze erreicht, denn Fußball ist prinzipiell ein großer Film, in dem ständig an nichts weniger als an das Prinzipielle gerührt wird: dass es eben so oder so ausgehen kann, egal, wie sehr man sich bemüht.

Am zweiten Tag nach dem Spiel setzt sich nun auch eine nüchternere Betrachtung durch. Ich persönlich habe wohl in dem vollen Pub in Iasi die Brillanz des Spiels ein wenig überschätzt, ich sah ein packendes Drama, das es zweifellos war, aber am Ende war es doch ein gar nicht so ungewöhnliches Match, nur eben ganz oben, im Kampf um einen der höchsten Preise. Chelsea war Chelsea, Bayern war Bayern - keines der beiden Teams ging über sich hinaus, fand einen Moment der Transzendenz seiner Schemata, und wäre es nur der gewesen, dass jemand anderer als Robben den Elfmeter gegen Cech geschossen hätte.

So geht es uns mit dem CL-Finale 2012 wie mit dem meisten Dingen im Leben: Wir beginnen sie zu verarbeiten, sie verfestigen sich zu einem Eindruck, der in der Erinnerung bestehen kann. Aber diese Szene zwischen Schweinsteiger und Cech, die würde ich gern einmal in einem jener anderen Universen sehen, die angeblich nur um Haaresbreite von dem unseren entfernt sind. Dort feiert der FC Bayern vielleicht jetzt noch den Sieg im "Dahoamspiel", hält ihn für völlig verdient und fühlt sich wie im "richtigen Film". Nur eben in einer unerreichbaren Wirklichkeit.















Sonntag, Mai 20, 2012

Block Party

Ich glaube, ich habe gerade eines der aufregendsten Fußballspiele gesehen, an das ich mich erinnern kann. Für Chelsea war es weitgehend eine Block Party, aber für eine Abwehrschlacht war das ein spektakulär vertikales Match, im dem es Geschichten hagelte wie Chancen. Dass Arjen Robben dabei wieder eine Hauptrolle spielte, wird für meine Begriffe dadurch entschärft, dass Torres eine Minute davor wohl auch einen Elfmeter hätte bekommen können. Dass Drogba aber in seinem vielleicht letzten großen Match auf internationaler Bühne einen klassischen Dreischritt vollführte (erhabenes Kopfballtor, dann Elferfoul an Ribéry, und schließlich Matchball), das war vielleicht wirklich die bessere Geschichte als ein Sieg des FCB im "Dahoamspiel", der natürlich verdient gewesen wäre.

Ich fiel, weil ich es offensichtlich nicht schaffe, mir ein wichtiges Match neutral anzuschauen, ungefähr zwanzig Minuten vor Anpfiff auf die Chelsea-Seite, obwohl das aus der Arsenal-Perspektive nicht gut ist (die müssen jetzt CL-Qualifikation spielen). Aber es gab einen Grund: Mir fiel auf oder besser wieder ein, wer Roberto Di Matteo eigentlich ist, ein Mann, mit dem ich wesentliche Momente meiner frühen Begeisterung für die Premier League verbinde, als es in Wien ein Lokal namens Chelsea gab, in dem ich unzählige Stunden verbracht habe.

Di Matteo ist das Element an Chelsea, das am wenigsten Abramowitsch ist, seinetwegen habe ich den Abend dann selbst für mich ein wenig unerwartet durch die "blaue Blume" gesehen.

In Rumänien lief das Spiel auf TVR, in einer astreinen Übertragung vollkommen ohne Werbung, abgesehen von den Uefa-Sponsoren, zu denen hier offensichtlich Uni Credit Tiriac zählt. Eine Besonderheit gab es noch, und die hatte es in sich: In den zehn Minuten unmittelbar vor dem Spiel lief eine Bildungssendung namens "Capodopere" (Bild), in der eine ältere Dame ein Gemälde erklärte. Und das in einem Land, das als im Moment eher raubtierkapitalistisch gilt.

Ein kleiner Tip noch an die Uefa: Eine Deluxe-DVD dieses Abends würde ich sofort kaufen, mit dem Spielfilm, drei, vier weiteren als Bonus (zwei Hintertorkameras, eine Totale, ...) und allen Interviews sowie Tunnel vorher und gesamte Atmo nachher. Denken Sie marktwirtschaftlich, Monsieur Platini! Dieses Material bleibt sonst für ewig im Dunkel der Archive.


Samstag, Mai 19, 2012

FC Vaslui

Heute morgen gibt es so viele Themen, dass ich gar nicht anders kann als antizyklisch zu verfahren. Ich werde also, zumal ich dies in einem Hotelzimmer in Iasi an der Grenze zu Moldawien schreibe, weder über das CL-Finale nachdenken (zwischen dem FCB und dem Chelsea FC vermag ich nicht so richtig Präferenzen zu entwickeln), noch über den Systemwettstreit (zwischen Festgeldmacht und Oligarchenohnmacht, zwischen Bundesliga und Premier League). Ich werde auch mit meinem Kommentar zu Jos Luhukay noch warten, obwohl der ja für beide Ligen unterschrieben hat und diese Personalie also von der Causa unabhängig ist, für deren Verhandlung die zuständigen DFB-Instanzen sich ein zusätzliches Wochenende Denkpause genommen haben. Ich lasse auch den Fall Robin van Persie noch außen vor, denn der gehört in eine generellere Einschätzung der Situation beim FC Arsenal, und für diese möchte ich mir ein wenig mehr Zeit nehmen.

Heute also eine kleine Geschichte dazu, warum ich Anhänger des FC Vaslui in der rumänischen Liga bin. Ich glaube mich zu erinnern, dass es zu meinen frühesten Fußballerlebnissen gehörte, in jeder Liga ein Team zu haben. Damals bestand Fußball ja im Wesentlichen aus Tabellen und Namen, abgedruckt in kleiner Schrift in der Zeitung, die der Vater am Sonntag aus den Plastikbeuteln nahm, in denen sie zur Entnahme standen, und sie uns in die Hand drückte.

Rumänien hatte ich damals kaum im Blick, erst später kam dieser große Sieg, den der AC Mailand einmal gegen Steaua Bukarest feierte. 4:0 am 24. Mai 1989, als kleiner Tribut an die Magie der Namen hier die beiden Aufstellungen: Galli; Baresi, Costacurta, Maldini, Tassotti; Ancelotti, Colombo, Donadoni; Gullit, Rijkaard; van Basten. - Lung; Bumbescu, Iovan, Petrescu, Stoica, Ungureanu; Hagi, Minea, Rotariu; Lacatus, Piturca.

Dass ich mich für Rumänien als Land so zu interessieren begann, dass ich nun schon zum zweiten Mal hierher gefahren bin, hat mit dem Kino zu tun, aber auch mit den Ereignissen von 1989, die sich mir so eingeprägt haben (und bei denen ich gleichzeitig den Eindruck hatte, sie nicht richtig mitzubekommen, weil damals soviel auf einmal passierte), dass ich noch heute versuche, da hinterherzukommen. Deswegen lese ich Mircea Cartarescu, deswegen interviewe ich Cristi Puiu, deswegen fahre ich quer durch das Land wie gestern von Cluj nach Iasi.

Unter den Filmregisseuren gibt es zwei, die ich besonders gut finde: neben Puiu noch Corneliu Porumboiu. Er stammt aus Vaslui, seine Filme spielen dort ("Police, Adjective"), und so wurde ich auf diese Kleinstadt aufmerksam, und irgendwann auf ihr Fußballteam. Als ich die momentane Reise plante, hatte ich auch im Auge, dass an diesem Wochenende in Rumänien die Liga endet. Eigentlich sollte heute der FC Vaslui (derzeit Tabellenzweiter) gegen Universitatea Cluj spielen, doch hier werden die Spieltermine häufig kurzfristig hin und her geschoben, und nun ist der Termin erst morgen, da muss ich aber schon in Bukarest sein.

Die eigentliche Pointe habe ich aber erst neulich herausgefunden. Der FC Vaslui gehört nämlich einem lokalen Magnaten namens Adrian Porumboiu, und das ist ausgerechnet der Vater des Filmemachers. In einem Hotelzimmer in Sibiu habe ich Vater Porumboiu neulich in einer TV-Quizshow mit dem Titel "Blonde Challenge" die Frage beantworten sehen, was der Begriff Philosophie bedeutet. Er wusste es.

Man wird verstehen, dass es nun einer meiner Träume ist, dass Hertha eines fernen Tages in der Qualifikationsrunde für eine von Michel Platini dann auf 128 Teams erweiterte Champion's League auf den FC Vaslui trifft. Doch wer das Chaos im rumänischen Fußball ein wenig mitbekommt, und wer Herthas Perspektiven nüchtern einschätzt, wird die Möglichkeit nicht ausschließen können, dass es dazu nie kommt. Auch gut, es gibt ja noch wichtigere Dinge. Und damit zurück nach München, zum "Hoamspiel", das ich mir in der Fremde ansehen werde.

Donnerstag, Mai 17, 2012

Protestnote

Quer durch Deutschland wird nun darüber diskutiert, ob Hertha berechtigt Protest eingelegt hat gegen die Wertung des zweiten Relegationsspiels in Düsseldorf. Dabei laufen die Argumentationsgründe ziemlich durcheinander. Es geht aber nicht darum, welches moralische oder sonstige Recht auf Klassenerhalt die Berliner Mannschaft in der 96. Minute erspielt hatte, als die Fans von Düsseldorf das Feld stürmten. Es geht einzig um die prinzipielle, also rechtlich zu klärende Frage, ob das Spiel in regulärer Form an sein Ende gekommen ist.

Das lässt sich mit guten Gründen bestreiten wie behaupten. Für meine Begriffe ist die Integrität der Spielzeit für den Fußball unabdingbar. Das heißt, dass die 45 Minuten pro Halbzeit nicht durch äußere Ereignisse unterbrochen werden dürfen. Wenn ein Spieler auf dem Feld verletzt wird und lange Behandlung braucht, wie es manchmal leider vorkommt, ist das eine Unterbrechung aus dem Spiel heraus, sie zählt zum Spiel, dieses geht danach weiter. Auch da gibt es Ausnahmen: Als Fabrice Muamba kürzlich einen Herzstillstand erlitt und mit ungewisser Diagnose ins Krankenhauzs gebracht werden musste, wurde das Spiel zwischen Bolton und Tottenham abgebrochen.

Wenn aber Fans während des Spiels das Feld stürmen, und auch wenn dieses nur noch eine Minute dauern sollte, dann liegt für meine Begriffe (ich bin kein DFB-Jurist, versuche nur, vernünftig zu denken) kein Fall von höherer Gewalt vor, sondern einer von Obstruktion, der das Spiel unvollständig lässt - auch wenn Referee Stark es zwanzig Minuten später der Form halber noch komplettieren ließ. Stellen wir uns folgenden Fall vor: Hertha hätte tatsächlich in der 97. Minute noch das dritte Tor geschafft. Wie hätten sich die Fans, die zu diesem Zeitpunkt längst an den Linien zum Sturm bereithielten, dann verhalten? Düsseldorf hatte schon vor dem Platzsturm die Sicherheit im Stadion nicht mehr gewährleistet (von den Kontrollen an den Einlässen kann man das sicher auch nicht behaupten).

Hertha hat alle Gründe, Protest einzulegen, bloß keine sportlichen. Aber die zählen auch nicht.