Donnerstag, Juli 18, 2013

Intentionalität

Allmählich wird die Zeitspanne überblickbar, die uns noch von der Wiederaufnahme des Ligaspielbetriebs trennt. Die Premier League wird eine Woche nach der Bundesliga starten. Arsenal beginnt mit einem Heimspiel gegen Aston Villa. Große Transfers gibt es noch nicht zu vermelden, bisher ist Yaya Sanogo die einzige Verpflichtung, ein talentierter junger Mittelstürmer aus Frankreich.

Offiziell geboten hat Arsenal für Lars Bender von Bayer Leverkusen und Luis Suárez vom Liverpool FC, wobei die Konstellationen jeweils unterschiedlich sind: Im Falle von Bender halte ich das Interesse für seriös, im Falle von Suárez glaube ich an ein taktisches Manöver, das Ziel dürfte wohl immer noch Gonzalo Higuain von Real Madrid sein. Ob Arsenal ernsthaft daran denkt, um Wayne Rooney mitzubieten, ist kaum zu durchschauen, ich hoffe jedenfalls, dass da nichts dran ist.

Jedenfalls beginnt die britische Presse langsam, Druck aufzubauen. Arsenal müsse ein "statement of intent" abgeben, es brauche jetzt ein signifikantes "signing", auch um sich als Titelkandidat für die nächste Saison zu deklarieren. Sehen wir die Sache doch einmal umgekehrt: Wo sind die Stellen im Kader, die besetzt werden müssen?

Tor: Für meine Begriffe ist Szceszny ein exzellenter Keeper mit großer Perspektive. Ich würde auf jeden Fall an ihm als Nummer eins festhalten. Fabianski ist ein akzeptabler Vertreter, eine stärkere Nummer zwei würde sicher nicht schaden. Kandidaten, die gelegentlich für die Nummer eins genannt werden, sind Julio César oder Tim Krul. Geheimtipp, falls noch etwas Spektakuläres passieren sollte: René Adler.

Defensive: Vermaelen bleibt Kapitän, fällt aber wegen einer Rückenverletzung mindestens zwei Monate aus. Interessanter Fall jedenfalls, denn Arsenal ginge mit einem Mannschaftsführer in die Saison, der nicht erste Wahl ist. Koscielny, wenn es nicht noch einen Abwerbungsversuch gibt, ist gesetzt. Mertesacker hat auch gute Chancen auf einen Stammplatz, ist aber dafür nicht gut genug. Eine Spitzenkraft für die Innenverteidigung ist absolut unumgänglich. Kandidat: Ashley Williams (Swansea), Kostenpunkt um die zehn Millionen Pfund. Könnte der neue Sol Campbell werden, könnte an Feilscherei scheitern. Die Außenverteidigung ist mit Sagna, Jenkinson, Gibbs und Monreal passabel, aber keineswegs herausragend besetzt.

Mittelfeld: Arteta hatte eine mittelmäßige Saison, er braucht auf jeden Fall starke Konkurrenz. Deswegen das Gebot für Lars Bender. Der "holding midfielder" ist die zweite Position, auf der Arsenal auf jeden Fall jemanden kaufen muss. Wenger spielt gewöhnlich mit einem zentralen Dreieck, in dem sich zuletzt Ramsey als "Achter" mit großem Aktionsradius festgespielt hat, davor war meist Cazorla als "Zehner", eine Position, auf die auch Wilshere drängt, während Oxlade-Chamberlain zuletzt mehrfach als Achter probiert wurde, eine Rolle, die auch Wilshere einnehmen kann. Es hängt also viel am Ausgangspunkt des Dreiecks, auf der Position, die der Abwehr am nächsten ist.

Offensive: Ich halte viel von Olivier Giroud, es wäre aber doch angebracht, einen Topstürmer zu holen. Higuain wäre ideal, eigentlich hätte Arsenal gut daran getan, da so früh wie möglich klare Verhältnisse zu schaffen, wie es der BVB mit Mkhytarian getan hat. Doch es war entweder nicht möglich, oder man will noch ein paar Millionen sparen. Prinzipiell könnte ein Angriff mit Walcott, Giroud und Podolski funktionieren, doch sah man in der vergangenen Saison häufig, dass die beiden Winger defensiv immer noch viele Aussetzer haben, das liegt an einem generellen taktischen Defizit: Arsenal spielt kein organisiertes Pressing, das scheint Wenger einfach nicht zu interessieren.

Auf der Tournee in Südostasien sind derzeit eine ganze Reihe von Talenten zu sehen: Serge Gnabry, Thomas Eisfeld oder der sehr interessante, 16jährige deutsch-äthiopische Mittelfeldspieler Gedion Zelalem. An einem inzwischen schon beinahe "ewigen" Talent wie Ryo Myaichi sieht man aber auch, dass die Durchlässigkeit nach ganz oben kaum gegeben ist. Schon bei Oxlade-Chamberlain, für den Arsenal vor zwei Jahren immerhin 12 Millionen Euro bezahlt hat, ist unklar, was eigentlich aus ihm werden soll - am ehesten könnte er Walcott verdrängen.

Fazit: Arsenals Aufgaben in diesem Sommer sind keine Geheimwissenschaft, mit drei markanten Einkäufen könnte sich die Balance im Kader so verbessern, dass auch wieder eine Stimmung von Wettbewerbsfähigkeit entsteht. Man merkt derzeit ja meistens kaum, dass Arsenal der sechstgrößte Club in Europa ist, so sehr verweisen die Leistungen auf das erweiterte Mittelfeld. Das entscheidende Faktum wird aber werden, ob Arsène Wenger, unumschränkter Herrscher bei Arsenal, gewillt ist, sich noch einmal eingehend mit dem Spiel als solchem zu beschäftigen. Mehrfach wirkte seine Mannschaft in den letzten Jahren ein wenig verdutzt über das, was da geradeso vorgeht da draußen (denken wir an das Heimspiel gegen den FC Bayern).

Es wird an der Zeit, sich darauf einzustellen. Arsenal hat die Mittel, und auch eine gute Basis im Kader, um wieder um Titel mitzuspielen. Einkäufe allein aber werden nicht entscheidend sein, es braucht eine Neuausrichtung in taktischer Hinsicht, ein Ende der Selbstgefälligkeit, die sich zuletzt häufig in ödem Ballbesitzfußball äußerte, eine Art Barcelona B, mit den gleichen Problemen. Wenger muss den Heynckes machen, vielleicht wäre er gut beraten, sich dafür einen Sammer zu holen. Das wäre dann vielleicht der Königstransfer. Er wird nicht stattfinden.

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